Auf einer breiten Fahrbahn stehen geparkte Pkw. Auf der Fahrbahn begegnen sich Bus und Radfahrer.

© adfc hh/Ulf Dietze

ADFC-Position: Bus und Rad auf der Strecke

Wie lassen sich Streckenabschnitte gestalten, in denen Busverkehr und Radverkehr auf derselben Fläche stattfinden?

Es gibt Straßen, in denen vermeintlich oder tatsächlich der Platz nicht genügt für getrennte Führung von Bus und Rad. In diesem Positionspapier nennen wir wesentliche Vor- und Nachteile möglicher Führungsformen.

Die wesentlichen Variablen für die Wahl einer geeigneten Lösung

  • Vorhandener Platz
  • Anzahl der Fahrstreifen pro Richtung
  • Busverkehrsaufkommen
  • Radverkehrsaufkommen
  • zulässige Höchstgeschwindigkeit
  • Menge des MIV

Es gibt nicht die eine beste Lösung, sondern diese Variablen sind bei der Planung unter den gegebenen Rahmenbedingungen jeweils abzuwägen. Es ist möglich und erforderlich, attraktive Lösungen für Rad- und Busverkehr zu gestalten. Die Belange des MIV, besonders des ruhenden MIV haben ggf. dahinter zurückzustehen. Die gelegentlich anzutreffende Argumentation, sämtliche Fahrstreifen seien bei Tempo 50 zu erhalten, damit der Bus nicht ausgebremst wird, fördert hingegen insbesondere den MIV, da dieser dabei nichts an Fläche abgibt. Das kann nicht Ziel sein, da es im Sinne von Verkehrssicherheit und Klimaschutz darum gehen muss, ÖV und Radverkehr zu bevorzugen.

Für die Führung von Bus und Rad auf derselben Fläche lassen sich im Wesentlichen folgende Varianten unterscheiden

I. Der Platz reicht für einen MIV-Fahrstreifen und zusätzlich für einen “Busfahrstreifen/Radverkehr frei” mit Überholmöglichkeit innerhalb des Streifens

Das bisher für solche Streifen übliche Maß von 4,75 m Breite reicht nicht aus, um die Überholabstände laut StVO einzuhalten. Daher muss der “Busfahrstreifen/Radverkehr frei” deutlich breiter sein, um ein Überholen innerhalb des Streifens zu ermöglichen.
Die Lösung funktioniert erfahrungsgemäß gut; sind Parkstände vorhanden, muss ein Sicherheitstrennstreifen vorgesehen werden.

II. Der Platz reicht für einen MIV-Fahrstreifen und zusätzlich für einen “Busfahrstreifen/Radverkehr frei” ohne Überholmöglichkeit innerhalb des Streifens

Bei dieser Lösung besteht die Gefahr, dass der Bus ausgebremst wird.

Sie funktioniert gut, wenn die Busfrequenz niedrig ist oder die Strecke kurz ist und/oder Tempo 30 gilt.

Die Lösung funktioniert nicht gut bei langer Strecke, Tempo 50 und wenn der Bus die Radfahrenden nicht über den MIV-Fahrstreifen überholen kann, weil dort das MIV-Aufkommen keine Lücken lässt. Die subjektive Sicherheit für den Radverkehr sinkt, der Busverkehr wird evtl. behindert.

Lösungsvorschlag: Entweder sollte Tempo 30 gelten. Oder Bus und MIV fahren auf einem gemeinsamen Fahrstreifen und für den Radverkehr wird ein Radfahrstreifen markiert.
Alternativ zu dieser Lösung wäre dort, wo der Radverkehr besonders gefördert werden soll und die Busfrequenz niedrig ist, ein “Sonderstreifen Radverkehr mit Zusatz »ÖPNV frei«” anwendbar.

Busfahrstreifen (siehe I. und II.) sollten ohne tageszeitliche Begrenzung gelten. Außerhalb der Zeiten, in denen der Sonderfahrstreifen für Bus, Rad und Taxi wichtig ist, ist auch der MIV geringer und daher die Freigabe des Streifens unnötig. Damit wird vermieden, dass der Streifen zum Parken genutzt wird, was Bus- und Radverkehr behindert und was auf dem Streifen sonst ausdrücklich untersagt werden müsste.

III. Mischverkehr mit MIV, ÖPNV und Radverkehr auf derselben Verkehrsfläche

Tempo 50 im Mischverkehr ist ungeeignet, denn dabei sind die objektive und die subjektive Sicherheit verringert.
Auch die in Hamburger Planungen auftauchende Kombination aus “Mischverkehr bei Tempo 50 und Gehweg/Radverkehr frei” ist keine geeignete Lösung, da sie Ansprüchen an Sicherheit und Komfort des Radverkehrs nicht gerecht wird und zu Lasten des Fußverkehrs geht. 
Lösungsvorschlag: Es sollte Tempo 30 angeordnet werden, wenn die Situation nicht anders zu entschärfen ist.

Bei einstreifiger Führung (je Richtung) sollte die Gesamtfahrbahnbreite nicht größer sein als 6,5 m. Bei größeren Breiten kommt es zu gefährlichen Überholversuchen bei Gegenverkehr.  

Eine mehrstreifige Führung pro Fahrtrichtung in Kombination mit
Tempo 50 ist im Mischverkehr für Radfahrende unattraktiv und lässt sich sicherer gestalten.
Lösungsvorschlag: Je Fahrtrichtung wird ein Fahrstreifen des MIV umgewandelt in einen “Busfahrstreifen/Radverkehr frei” oder in einen “Radfahrstreifen”. Alternativ kann für die Strecke Tempo 30 angeordnet werden.

 

IV. Fahrradstraße (ÖPNV frei)

ÖPNV in einer Straße schließt die Einrichtung einer Fahrradstraße nicht aus. 

Vorteile:

  • Attraktive Regelung für den Radverkehr (nebeneinander fahren, Tempo 30, ggf. ist ein Heraushalten des Durchgangs-MIV möglich)
  • Besonders geeignet, um eine Veloroute trotz vorhandenen Busverkehrs attraktiv gestalten zu können
  • Rad- und Busverkehr können vorfahrtsberechtigt geführt werden

Nachteil:

  • Je nach Streckenlänge und Umfeldbedingungen bremst die Lösung u. U. den Busverkehr

V. kreative Lösungen

Es kann sinnvoll sein, Durchgangs-MIV in einer Straße zu reduzieren oder vollständig herauszunehmen. Die StVO bietet neben der Lösung Fahrradstraße weitere Möglichkeiten, den Verkehr so zu steuern, dass eine Strecke für Bus- und Radverkehr sicher und attraktiv ist. 
Geeignete Straßen können z. B. gewidmet werden mit “Bussonderfahrstreifen/Radverkehr frei/Anlieger frei” oder als verkehrsberuhigter Geschäftsbereich. Eine Straße kann auch mit einem Modalfilter (physisch oder durch Verkehrszeichen) versehen werden, der Bus- und Radverkehr die Durchfahrt erlaubt. Gerade bei Strecken, die als MIV-Schleichwege genutzt werden, dafür aber nicht geeignet sind, bieten sich kreative Lösungen an.


Position beschlossen im Bezirksrat des ADFC Hamburg: 18.12.21
Beschlossen durch den Landesvorstand am 02.03.22

alle Themen anzeigen

Verwandte Themen

QfM Sprechblasen

Neues aus den Bezirken: Eimsbüttel

Nicht erst seit der Bürgerschaftswahl im letzten Jahr ist die Verkehrssituation auf Hamburgs Straßen und Radwegen in…

Asphaltsprenger-Festival 2024

Asphaltsprenger-Festival - bunt, alternativ und umweltfreundlich

Am 4. Mai 2024 war der ADFC Hamburg das erste Mal auf dem Asphaltsprenger-Festival dabei. Und was sollen wir sagen: Es…

Ein breiter Radweg führt hinter dem Warteplatz für Fahrgäste entlang. Daneben verläuft der breite Gehweg.

ADFC-Position: Radverkehr an Bushaltestellen

Die Gestaltung von Bushaltestellen soll dazu beitragen, den Umweltverbund insgesamt zu stärken. Daher sind die…

Verkehrszeichen Einbahnstraße/Radverkehr in beide Richtungen

Einbahnstraßen sind freizugeben

Straßen mit Tempo-30-Regelung müssen grundsätzlich für den Radverkehr in beiden Richtungen befahrbar sein.…

Verkehrszeichen Radweg

Radwegbenutzungspflicht

Radfahrende müssen längst nicht jeden vorhandenen Radweg entlang einer Straße benutzen - oft dürfen sie ebenso auf der…

Der Busfahrer Marco Osterloh vor einem Bus der Hochbahn AG

Wir reden miteinander

Zum Auftakt von Gesprächen zwischen dem ADFC und der Hamburger Hochbahn, die maßgeblich für den innerstädtischen…

Unterführung am U-Bahnhof Oldenfelde, links Fahrradbügel, rechts Fahrradboxen, mittig eine breite Rampe mit zwei Personen zu Fuß.

ADFC-Position: Gleisunterführungen und Rampen für den Radverkehr

Bauwerke des Schienenverkehrs stellen mit Dämmen und fehlenden Querungsmöglichkeiten Barrieren dar.

In vier Quadranten geteiltes Straßennetz

Kfz-Durchgangsverkehr aus Wohnquartieren fernhalten

#QuartiereFürMenschen

Wir wollen das Leben der Menschen zurück in die Straßen bringen! Dafür schaffen wir Orte der…

Fahrradstadt Hamburg?

Ein Jahr Mobilitätswende in Hamburg - eine gemischte Bilanz

Seit einem Jahr hat sich die Hamburger Verkehrsbehörde unter Senator Anjes Tjarks die Mobilitätswende auf die Fahnen…

https://hamburg.adfc.de/artikel/adfc-position-bus-und-rad-auf-der-strecke

Häufige Fragen von Alltagsfahrer*innen

  • Was macht der ADFC?

    Der ADFC ist die größte Interessenvertretung für Radfahrende weltweit und hat mehr als 220.000 Mitglieder bundesweit, davon über 9.000 in Hamburg. Als Fahrradlobby setzen wir uns für die Verkehrswende mit dem Fahrrad im Mittelpunkt ein - und damit für mehr Klimaschutz, Sicherheit, Gesundheit und Lebensqualität.

    Der ADFC ist parteipolitisch neutral, aber parteilich, wenn es um die Interessen von Radfahrenden geht. Mit Kampagnen fördern wir den öffentlichen Diskurs und erzeugen politisch Druck. Auf Fachveranstaltungen und durch Lobbyarbeit informieren wir politische Entscheider*innen. Mit Projekten wie dem ADFC-Fahrradklima-Test schaffen wir öffentliche Aufmerksamkeit für dringend notwendige Verbesserungen der Radfahrbedingungen. Unsere Serviceangebote machen Radfahrenden das Leben leichter. Und im Freizeitbereich veranstalten wir Radtouren und fördern den Radtourismus.

    weiterlesen

  • Wie erreiche ich den ADFC Hamburg?

    Geschäftsstelle des ADFC Landesverband Hamburg e.V.
    Koppel 34-36
    20099 Hamburg

    Telefon: +49 40 39 39 33
    E-Mail: kontakt [at] hamburg.adfc.de

     

    Erreichbarkeit
    Die Geschäftsstelle ist an Werktagen grundsätzlich telefonisch erreichbar. Anrufe können jedoch nicht immer persönlich entgegen genommen werden. Nachrichten auf dem Anrufbeantworter sind sehr willkommen und werden (werk)täglich abgehört und beantwortet.
    Bitte nutzen Sie auch unsere E-Mail-Adresse.

    Persönliche Termine sind nach Absprache möglich.

    weiterlesen

  • Warum sollte ich Mitglied im ADFC sein?

    Mit Deiner Mitgliedschaft unterstützt Du den ADFC in seiner Arbeit für bessere und sichere Radwege. Wir setzen uns für dich und deine Interessen in Politik und Öffentlichkeit ein, fordern und fördern den weiteren Ausbau der Radinfrastruktur und die Verkehrswende in Hamburg. Mit deiner Mitgliedschaft zeigst du, dass Radfahren zu Deinem Leben gehört und verleihst der Fahrradlobby noch mehr Gewicht.

    Du trägst dazu bei, dass Hamburg zu einer lebenswerteren, klimafreundlichen Stadt mit nachhaltiger Mobilität wird.

    weiterlesen

  • Welche Vorteile habe ich als ADFC Mitglied?

    Als Mitglied im ADFC bist du mitten im Geschehen, kannst am aktiven Vereinsleben teilnehmen und findest zu (fast) jedem Rad-Thema Gesprächspartner*innen.

    Über deine Mitgliedschaft erhältst du mit unserer "ADFC Pannenhilfe" rund um die Uhr schnell und unkompliziert Hilfe, wenn du mal nicht mehr weiter kommst – egal, ob im Alltag, in der Freizeit oder auf Reisen (gilt für Fahrräder, Pedelecs, Lastenräder, Fahrradanhänger). Du bist als Mitglied automatisch rechtsschutz- und haftpflichtversichert, wenn Du als öffentlicher Verkehrsteilnehmer*in mit dem Fahrrad, zu Fuß oder mit dem Fahrrad im ÖPNV unterwegs bist. Außerdem hast du Anspruch auf eine kostenlose anwaltliche Erstberatung. Als Mitglied bekommst du regelmäßig das ADFC-Mitgliedermagazin Radwelt frei Haus per Post oder als E-Paper, voll mit wertvollen Tipps und Informationen rund ums Rad sowie als Hamburger*in die RadCity, das Radmagazin des Hamburger Clubs. Zudem gibt’s Vergünstigungen bei unseren Services wie zum Beispiel dem Codieren.

    weiterlesen

  • Wie kann ich den Newsletter abonnieren?

    Der kostenlose Newsletter des ADFC Hamburg informiert ein bis drei Mal im Monat über Neuigkeiten zum Radfahren in Hamburg und über die Arbeit des ADFC.

    Hier geht's zur Anmeldung
    Du kannst dich jederzeit über einen Link im Newsletter wieder davon abmelden.

  • Wo kläre ich meine Fragen zur Mitgliedschaft?

    Für Änderungen zur Mitgliedschaft stellen wir verschiedene Formulare bereit, mit denen du z.B. eine neue Anschrift ganz einfach mitteilen kannst. Du benötigest lediglich deine Mitgliedsnummer.

    Mitglied werden kannst du hier.

    Bei Fragen zur Mitgliedschaft hilft dir unser zentraler Mitgliederservice in Bremen gerne weiter: +49 421 34 62 923.

    Eine Übersicht zu unseren Mitgliedervorteilen findest du hier.

  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.

    weiterlesen

Bleiben Sie in Kontakt