Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Landesverband Hamburg e. V.

Radweg am Braamkamp hört plötzlich auf unter Laub und Grünstreifen

Typischer Radweg an einer Hamburger Hauptverkehrsstraße: Im Braamkamp (Ring 2) werden Radfahrende durch das Verkehrszeichen 241 gezwungen, einen Radweg zu benutzen, den es nicht gibt. Faktisch fördert Hamburgs Polizei dadurch illegales Gehwegradeln, weil kaum ein Radfahrender rechtzeitig auf die Fahrbahn ausweicht. Dieser Zustand ist ihr seit mindestens Januar 2015, gerichtlich dokumentiert, bekannt. © ADFC Hamburg

Fahrradclub fordert: illegale Radwegebenutzungspflichten abschaffen

Blaue Schilder mit weißem Radsymbol zwingen bis heute Radfahrende auch in Hamburg auf alte, kaputte und gefährliche Wege.

Anlässlich des 25. Jahrestags der Fahrradnovelle, die am 1. Oktober 1998 in Kraft trat, fordert der ADFC, diese illegalen Radwegebenutzungspflichten aufzuheben und gute Radinfrastruktur zu schaffen.

25 Jahre nach dem Inkrafttreten der Fahrradnovelle hat der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) die benutzungspflichtigen Radverkehrsanlagen in Hamburg mit Ausnahme des Hafengebiets überprüft. „In den meisten der 50 mehrstreifigen Hauptverkehrsstraßen, die für den Radverkehr besonders relevant sind, werden die Mindestanforderungen für Radwege deutlich verfehlt“, fasst Cajus Pruin vom ADFC die Ergebnisse zusammen. „Insbesondere mangelt es sehr vielen Radwegen weiterhin an der geforderten Mindestbreite und dem vorgeschriebenen baulichen Zustand, aber auch am Sicherheitsabstand zu parkenden Autos.“ Seit der sogenannten Fahrrad-Novelle der StVO von 1997, die am 1. Oktober 1998 in Kraft trat, müssen Radwege gemäß der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) Kriterien erfüllen, um von der Polizei als „benutzungspflichtig“ angeordnet werden zu können: 1,50 Meter Mindestbreite (für einen Einrichtungsradweg) bzw. 2,50 Meter Breite (Gemeinsamer Geh- und Radweg), außerdem eindeutige, sichere und stetige Führung, einwandfreie Oberflächenbeschaffenheit, sowie Sicherheitsabstand zu parkenden Autos und anderen Hindernissen. Diese Kriterien dienen dazu, dass der gebaute Radweg sicher zu befahren ist. Pruin betont, dass Radfahrende auch benutzungspflichtige Radverkehrsanlagen nur dann benutzen müssen, wenn diese benutzbar und ihre Benutzung zumutbar ist. „Dies ist zum Beispiel nicht der Fall, wenn der Weg mit Schlaglöchern übersäht, nicht von Schnee oder Laub geräumt oder durch falsch geparkte Autos, Grünwuchs, eine Baustelle oder Mülltonnen blockiert ist.“ Der typische benutzungspflichtige Radweg an einer Hauptverkehrsstraße in Hamburg ist aber auch heute noch meist nur 1 bis 1,50 Meter breit und faktisch unbenutzbar. Pruin: „Bis auf einen kurzen Abschnitt in der Straße An der Alster gibt es keinen einzigen benutzungspflichtigen Radweg auf Hamburgs Hauptverkehrsstraßen, auf dem Radfahrende sicher, also auch unter Einhaltung der Sicherheitsabstände untereinander, zu parkenden Fahrzeugen und zur Fahrbahn, fahren und einander überholen können.“

25 Jahre sind genug

Die nach Prüfung des ADFC schlimmsten Radwege, die auf ganzer Länge die VwV-StVO-Mindestanforderungen verfehlen, für die die Polizei aber „aus Sicherheitsgründen“ eine Benutzungspflicht angeordnet hat, sind der Binsbarg, große Teile des Ring 2 (z. B. der Jahnring und die Lauensteinstraße), sowie der Winterhuder Marktplatz (B 5). Selbst auf Straßen, die zu Hamburgs Radrouten (ehemals: Velorouten) gehören und damit besonders hohe technische Standards erfüllen müssen, hat die Polizei eine Benutzungspflicht der Radwege angeordnet, obwohl diese die Mindestanforderungen auf mehr als achtzig Prozent der Weglänge verfehlen. Das ist beispielsweise in der Buxtehuder Straße (B 73, Radroute 11), im Poppenbütteler Weg (Ring 3, Radroute 14) und im Saseler Damm (Ring 3, Radroute 14) der Fall. „Wenn diese Wege so sicher wären, wie Hamburgs Polizei behauptet, müsste sie uns nicht zwingen, dort zu fahren, denn gute Wege brauchen keine Benutzungspflicht“, sagt Pruin. „Wir halten das Argument der Verkehrssicherheit daher für vorgeschoben, tatsächlich zwingt die Polizei uns auf alte, kaputte und gefährliche Wege, weil sie die Leichtigkeit des Autoverkehrs höher bewertet als Sicherheit und Gesundheit von Radfahrenden.“

Forderungen: Verkehrswende jetzt!

Bei fast siebzig Prozent der vierstreifigen Straßen in Hamburg (133 Straßen, ohne Hafen) besteht immer noch durchgängig eine illegale Radwegebenutzungspflicht, bei den Straßen mit drei Fahrstreifen und mehr pro Richtung sind es nach ADFC-Erkenntnissen sogar hundert Prozent (43 Straßen). „Die Stadt Hamburg hat jetzt 25 Jahre Zeit gehabt, um dort die Mindestkriterien für den baulichen Zustand der ‚aus Sicherheitsgründen‘ als benutzungspflichtig angeordneten Radwege zu erfüllen“, stellt Pruin fest. „In den meisten der Straßen, die das betrifft, ist das nicht passiert.“ „Wir brauchen benutzbare, sichere Radinfrastruktur – keine schlechten Wege mit illegaler Benutzungspflicht, die viel zu schmal sind, im Türbereich parkender Autos liegen, eine unzureichende Oberfläche haben oder das Überholen nicht zulassen“, fordert Pruin. „Hamburgs Radfahrende werden seit 25 Jahren auf Radwege gezwungen, die nicht einmal den baulichen Mindestanforderungen genügen – damit muss endlich Schluss sein!“ Der Fahrradclub fordert daher die sofortige Aufhebung aller noch bestehenden Radwegebenutzungspflichten in Hamburg. „Um bis 2030, also in nur knapp sieben Jahren, die Klimaziele für Hamburg und den vom Senat angestrebten Modalsplit mit einem Anteil von lediglich zwanzig Prozent individuellem Autoverkehr für Hamburg zu erreichen, braucht es schnellstmöglich an allen mehrstreifigen Hauptverkehrsstraßen geschützte Radfahrstreifen in Fahrstreifenbreite – auch um das angestrebte Wachstum des Radverkehrs überhaupt erst möglich zu machen.“


https://hamburg.adfc.de/pressemitteilung/fahrradclub-fordert-illegale-radwegebenutzungspflichten-abschaffen

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