Ungeräumte Straßen: der Radweg mit Benutzungspflich ist nicht nutzbar.

Unbefahrbarer Radweg mit Benutzungspflicht in der Barmbeker Straße am 7. Januar 2024. © ADFC Hamburg

Winterdienst: Tauwetter als einzige Lösung?

Nach dem letzten Schneefall herrschte in Hamburg das übliche Bild: Der Autoverkehr rollte auf geräumten Fahrstreifen, um Rad- und Fußverkehr kümmerte sich die Stadt kaum.

Der aktuelle Fahrrad-Monitor des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr zeigt: Die Menschen in Deutschland würden gern ganzjährig Rad fahren, fühlen sich aber im Herbst wegen Laubmatsch und im Winter wegen Eis und Schnee auf den Straßen nicht sicher. Benutzbare Rad- und Gehwege auch in den kälteren Jahreszeiten sind aber ein wichtiger Bestandteil der Mobilitätswende hin zu einem klimafreundlichen Verkehr.  

„Der aktuelle Winterdienst auf Hamburgs Straßen mit seiner klaren Priorität für den Autoverkehr ist die beste Anti-Fahrrad-Kampagne, die der Senat bislang auf die Beine gestellt hat“, sagt Cajus Pruin vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). „Hamburg hat kein funktionierendes Konzept, um die Wege für Radfahrende und Fußgänger*innen von Laub, Schnee und Eis frei zu halten.“    
 
Selbst auf den Radrouten (ehemals Velorouten), die ein besonders komfortables und zügiges Radfahren ermöglichen und die laut Senat das im Winter vorrangig zu berücksichtigende Radwegenetz darstellen sollen, passiert so gut wie nichts. Sie sind in weiten Teilen nicht sicher benutzbar.  
 
Wenig hilfreich ist es, wenn die Stadtreinigung Hamburg versucht, mit Verweis auf das Hamburgische Wegegesetz (HWG) die Verantwortlichkeit für das Räumen insbesondere von Hochbordradwegen indirekt auf die Anlieger*innen abzuwälzen. Pruin: „Die Stadtreinigung räumt selbst ein, dass ihre derzeitige Arbeitsweise für Radfahrstreifen keinen Erfolg bringt, weil sie Schnee und Eis von den Fahrstreifen einfach komplett dorthin schiebt.“  
 
Durch diese Arbeitsweise entstehen tatsächlich noch zusätzliche Gefahrenquellen für Radfahrende, wenn sie auf geräumten und somit halbwegs sicher befahrbaren Radfahrstreifen unvermittelt auf einen ungeräumten Abschnitt treffen, den die Stadtreinigung offensichtlich zur Sammlung von Fahrbahn-Schnee nutzt. Wer an solchen Stellen nicht schnell reagiert und auf den Fahrstreifen ausweicht, riskiert einen gefährlichen Sturz.  
 
„Seit langem weiß die Stadtreinigung, dass sie kein Salz auf Rad- und Gehwegen streuen darf, sie findet aber keine Lösung, um bei Eis und Schnee sicher befahrbare Radwege herzustellen“, so Pruin. „Andere Städte wie Kopenhagen oder Helsinki kriegen das aber auch hin und priorisieren Rad- und Gehwege bei der Räumung von Schnee und Eis.“

Der Fahrradclub fordert den Senat auf,

  1. das Hamburgische Wegegesetz zu modernisieren, sodass eine funktionierende, flächendeckende Kontrolle und Sanktionierung von Verantwortlichen gewährleistet ist, die ihrer Pflicht zur Räumung von Rad- und Gehwegen nicht nachkommen,
  2. einen Ausbau der Kapazitäten bei der Stadtreinigung mit klarer Priorisierung des Rad- und Fußverkehrs sowie
  3. ein Winternetz für den Radverkehr, das funktioniert. Auch hier lohnt ein Blick über die Grenze: In vielen skandinavischen Ländern gibt es spezielle Gerätschaften zur Reinigung und Räumung von Radwegen, die in hoher Frequenz geräumt und deren Zustand durch Kontrollfahrten per Fahrrad überwacht werden.

Pruin: „Von der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende und von der Umweltbehörde, die beide in der Verantwortung für den Winterdienst stehen, hört man aktuell wenig. Vermutlich hoffen die Verantwortlichen auf Tauwetter, damit alle das Desaster möglichst schnell vergessen. Aber: Nach dem Winter ist vor dem Winter. Wie jedes Jahr.“


https://hamburg.adfc.de/pressemitteilung/winterdienst-tauwetter-als-einzige-loesung

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