
Radbox © René Pönitz
Lieber Radboxen als das Rad boxen!
Ein freier Fahrradbügel oder gar ein trockener Abstellplatz fürs Rad? Im Komponistenviertel in Barmbek-Süd ist so etwas reine Glückssache. Aber unser Autor hat versucht, dieses Glück beim Schopf zu packen.
Im Komponistenviertel ist der Parkdruck, insbesondere auch der Fahrradparkdruck, sehr hoch. Viele Häuser haben keinen Fahrradraum, in den meisten Altbauten gibt es noch nicht einmal einen zugänglichen Keller. Und an den wenigen Fahrradbügeln ist eine sehr ausgedehnte museale Sammlung an Schrottfahrrädern zu besichtigen, die vermutlich bald unter Denkmalschutz gestellt werden können.
Es ist also eine gute Idee, Fahrradboxen zu installieren. Sie bieten Stellplätze, in denen Fahrräder sicher und witterungsgeschützt untergestellt werden können.
Sechs Monate für zwanzig Euro
Als daher vor einigen Monaten in der Umgebung Flyer für das Radboxen-Testprojekt verteilt wurden, habe ich mich beworben. Das Los entschied und ich durfte ein halbes Jahr eine Radbox in der Schumannstraße ausprobieren. Für nur zwanzig Euro.
Denn bevor die Boxen im großen Stil installiert werden, sollen verschiedene Modelle getestet und verglichen werden. Die Hamburger Behörde für Verkehr und Mobilitätswende betreibt dazu die Projektseite radkultur.hamburg/radparken-im-quartier. Insgesamt gibt es zwölf Standorte mit zwanzig Boxen für insgesamt hundert Fahrräder, die nun in zwei halbjährigen Phasen erprobt werden sollen. An den drei Standorten im Komponistenviertel sind drei verschiedene Modelle in der Erprobung: Das Modell in der Mozartstraße gleicht einem Schiebetürenschrank, während die anderen beiden in der Imstedt und in der Schumannstraße sich mittels Klappe nach oben öffnen lassen.
Jede Box ist anders
In jeder Box werden benachbarte Fahrräder in unterschiedlichen Höhen eingeschoben. Und in der Regel haben je zwei Fahrräder einen Bügel zum Anschließen. Auch wenn die Box insgesamt abschließbar ist, sollte das Rad immer auch angeschlossen werden. Das tonnenförmige Modell in der Schumannstraße mag zwar optisch gefälliger wirken als die etwas bauchigeren Modelle, hat sich in der Praxis aber als zu klein erwiesen. Aus der höheren Position heraus kollidierte der Mittelbalken stets mit meiner Klingel.
Nachdem ich meine Radbox-Nachbarn kennengelernt hatte, tauschten wir, und ich probierte die niedrigere Position aus. Nun passte die Klingel, wurde mir aber jedes Mal vom Lenker gerissen, wenn das benachbarte Fahrrad rein- und rausgeschoben wurde. Darum habe ich begonnen, mein Fahrrad rückwärts einzuparken. Das scheint allgemein auch die bessere Methode zu sein, denn die breiteste Stelle ist nun mal der Lenker. Der Radbox-Nachbar macht das auch, aber da kollidiert nun die Mittelstange der Box mit dem Sattel. Und die andere Radbox-Nachbarin sagt, sie müsse mit ihrem Gepäckträgerkorb aufpassen, dass er nicht durch eine Querstange beim Schließen zerdrückt wird. Wie man es dreht und wendet: Fünf Zentimeter mehr im Dachdurchmesser würden bei diesem Modell viele Probleme lösen.
Wir tappen im Dunkeln
Mit den kürzer werdenden Tagen wurde ein weiteres Problem sichtbar: Dunkelheit. Durch die komplette Einhausung dringt nachts so gut wie kein Umgebungslicht ins Innere, auch keine Straßenbeleuchtung. Das Rad muss also bei vollkommener Dunkelheit abgeschlossen werden. Besser wäre es, wenn ein sensorgesteuertes LED-Licht beim Öffnen das Innere etwas erhellt. Zeitweise haben wir ein Schranklicht erprobt, das per Knopfdruck eingeschaltet wird. Das war zwar nicht optimal, aber zumindest eine Verbesserung mit minimalem Aufwand.
Da die neue Box nun die Attraktion in der Straße ist, bin ich mit einigen Nachbar*innen in den Austausch gekommen. Einige empfanden sie als trist und dunkel. Aber mit Blick auf die unmittelbar daneben parkenden SUVs kann man sich fragen, ob das nun wirklich ein Punkt ist. Andere beschwerten sich über den Wegfall von Kfz-Stellplätzen (was am Standort Schumannstraße nicht zutrifft). Und zuletzt auch die Kapazität: in so eine Box passen eben nur vier bis sechs Fahrräder, während in den zwölfeckigen Häuschen im Stile des Berliner Café Achteck circa zehn bis zwölf Fahrräder in einem Karussell eingehängt werden.
Verschiedene Bedürfnisse
Gerade die Diskussion über die Kapazität hat gezeigt, dass es am Ende nicht ein Modell für alle geben kann. Wer jung und kräftig ist, wuchtet sein Fahrrad in die Karussells – und dann punkten die mit dem geringeren Platzbedarf pro Rad. Aber das Ziel sollte ja sein, dass alle daran partizipieren können.
Entscheidend für den Erfolg des Ganzen ist mit Sicherheit die Nähe zur Wohnung. Ich selbst stelle nun mein Fahrrad jedes Mal in die Box, wenn ich es sichern muss - und suche eben keinen Bügel mehr. Und auch in meiner Box sehe ich weder Stubenhocker noch dauerhaften Leerstand. In der ersten Test-Phase wurden aber auch nur wenige Hausnummern rund um die Box akzeptiert.
Wir brauchen Boxen!
Im Februar 2025 hat bereits die zweite Phase begonnen, unter anderem mit einem erweiterten Wohnort-Radius. Sobald die Ergebnisse ausgewertet sind, sollen Entscheidungen gefällt werden.
Für mich steht fest: Hamburg muss diese Möglichkeit nutzen, um die sichere Unterstellung von Fahrrädern im Straßenraum möglich zu machen. Die Frage wird nur sein: in welchem Umfang und zu welchen Preis? Allein in den paar Straßenzügen rund um Mozart, Schumann, Bach und Beethoven könnte man locker zweihundert solcher Stellplätze schaffen. Ob es bei zwanzig Euro pro Halbjahr bleibt? Anwohnerparkausweise für Pkw kosten zurzeit 65 Euro im Jahr.
Und genau hier muss sich die neue Bürgerschaft die Frage stellen, wie wichtig ihr das wohnortnahe, sichere Unterstellen von Fahrrädern in dicht besiedelten Stadtteilen ist: Wollen sie Radboxen oder das Rad boxen?
René Pönitz
RadCity - unser Magazin
Dieser Artikel stammt aus der RadCity, dem Mitgliedermagazin des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs Hamburg.