Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Landesverband Hamburg e. V.

ADFC Buchtipp: Der schwerste Radfahrer der Welt!

Lars Amenda führt in seinem neuen Buch „Der schwerste Radfahrer der Welt! - Emil Naucke und die Unterhaltungskultur im späten 19. Jahrhundert" anekdotenreich in Hamburgs frühe Radkultur ein.

Emil Naucke und die Unterhaltungskultur im späten 19. Jahrhundert

Mit diesem sorgfältig recherchierten und vielfältig illustrierten Büchlein tauchen wir ein in das Leben des Berufsringers, Artisten und „Colossalmenschen“ Emil Naucke. Naucke – 1855 auf der Insel Poel geboren – kam 1873 nach Hamburg, wo er schnell den Ruf eines vielseitigen Unterhaltungskünstlers erwarb. Aufgrund seiner kräftigen Statur war er vor allem als Schwerathlet und Ringer gefragt. Das Besondere an seinen Darbietungen, die zum Teil Tausende Zuschauer*innen anlockten, war jedoch eine einzigartige Mischung aus Schwerathletik und Akrobatik. Die Hamburger Nachrichten bewundern 1887 „seine herkulische Kraft und … fast unglaubliche Gewandtheit“, durch die er „Alles in Erstaunen“ setzt. Diese Beweglichkeit kam dem 230-Kilogramm-Koloss auch bei einer seiner Paraderollen zugute: der beleibten Ballerina. Damit ist auch klar, dass seine Bühnenprogramme mit viel derbem Humor gewürzt waren.

Die Entdeckung des Fahrrads

Nach zahlreichen Tourneen durch Europa und Amerika schuf Naucke sich 1896 in seiner Wahlheimat Hamburg eine künstlerische Basis und gründete am Standort des heutigen „Klubhaus St. Pauli“ auf dem Spielbudenplatz „Emil Nauckes Variété“. Auf der Suche nach immer neuen Varieténummern entdeckte er das Fahrrad und gründete sogar einen eigenen Radfahrer-Club, den RC Naucke, mit einer speziellen Aufnahmebedingung: Nur wer mindestens 100 Kilogramm Körpergewicht auf die Waage brachte, durfte dem Verein beitreten. Als gewiefter Selbstdarsteller bewarb sich Naucke fortan als „schwerster Radfahrer der Welt“ und hatte bald schon einen Werbevertrag mit dem Mannheimer Fahrradhersteller Hess in der Tasche.

Ein früher Tod

Seine Begeisterung für das Fahrrad ist wohl auch der Grund für seinen frühen Tod im Januar 1900. Im Anschluss an einen Auftritt auf einem Wohltätigkeitsfest des Deutschen Radfahrer-Bundes, „Gau Hamburg“, war Naucke an einem Herzinfarkt verstorben. Zehntausende gaben ihm am Tag seiner Beerdigung das letzte Geleit. Bis heute erinnert ein Obelisk neben dem Haupteingang des Friedhofs Ohlsdorf an den Colossalmenschen, der das St. Pauli des ausgehenden 19. Jahrhundert so entscheidend mitgeprägt hat.

Lars Amenda hat mit dieser Biografie nicht nur eine herzerwärmende Hamburgensie zu Tage gefördert, sondern auch eine fesselnde Geschichte aus den Anfangstagen des Fahrrades. Dass das dem Historiker und Fahrrad-Fan eine Herzensangelegenheit ist, spürt man von der ersten bis zur letzten Zeile.

Leo Strohm

Lars Amenda: Der schwerste Radfahrer der Welt! - Emil Naucke und die Unterhaltungskultur im späten 19. Jahrhundert

94 Seiten, hrsg. vom St. Pauli-Archiv, netzwerk fahrrad/geschichte, Hamburg, 2021

ISBN: 978-3-949139-03-1

Erhältlich im lokalen Buchhandel, im St. Pauli-Archiv, beim netzwerk fahrrad/geschichte und bei NO ROCK JUST ROLL

Verwandte Themen

Wiesendamm, Aufleitung kurz vor der Saarlandstraße (Juli 2016)

Gute Beispiele: Radfahrstreifen endet als Weiche

Neue Radfahrstreifen enden spätestens am Ende des Planungsgebiets. An vielen Stellen gibt es im nachfolgenden Abschnitt…

Fahrradfahrer

Radfahren nach Regeln – ein Gespräch

Der Versuch eines Streitgesprächs innerhalb des Fahrradclubs über das, was uns an anderen Radfahrenden nervt.

Radfahrerin auf Radfahrstreifen von Bäumen gesäumt

ADFC-Position: Bäume

Eine Umverteilung des öffentlichen Raums sollte immer zulasten des Autoverkehrs erfolgen und nicht zulasten zu schmaler…

Radwegqualität anschaulich dargestellt, 1998

40 Jahre Jubiläum - Tag 20

Eines der Themen, das den ADFC seit seiner Gründung begleitet, ist die Radwegbenutzungspflicht. 1998 wies der…

Elbchaussee Straßenschild

Elbchaussee

Die Elbchaussee ist eine hervorragende Verbindung zwischen den Elbvororten und der Innenstadt. Bisher jedoch ist der oft…

Obstbaumlehrpfad

Obstbaumlehrpfad

Länge der Tour: 64,5 km

Start und Ziel: U-Kiwittsmoor (Fahrstuhl)

Beispiel eines Radbus

Radexpress Finkenwerder-Wilhelmsburg-Moorfleet-Billstedt

Ein Radexpress-Bus von Finkenwerder über Wilhelmsburg nach Billstedt wäre eine ideale Ergänzung im ÖPNV-Angebot der…

Unterführung am U-Bahnhof Oldenfelde, links Fahrradbügel, rechts Fahrradboxen, mittig eine breite Rampe mit zwei Personen zu Fuß.

ADFC-Position: Gleisunterführungen und Rampen für den Radverkehr

Bauwerke des Schienenverkehrs stellen mit Dämmen und fehlenden Querungsmöglichkeiten Barrieren dar.

Fußgängerunterführung unter der Cuxhavener Straße

Neues aus den Bezirken: Harburg

Nicht erst seit der Bürgerschaftswahl im letzten Jahr ist die Verkehrssituation auf Hamburgs Straßen und Radwegen in…

https://hamburg.adfc.de/artikel/adfc-buchtipp-der-schwerste-radfahrer-der-welt

Bleiben Sie in Kontakt