ADFC-Position: Ampeln
Angemessene und als »gerecht« empfundene Ampelschaltungen sind notwendiger Bestandteil jeder Radverkehrsförderung. Sie tragen dazu bei, dass Radfahrende zügig vorankommen und die Lichtsignale akzeptieren.
Bettelampeln
Seit 2005 gibt es in Hamburg Bettelampeln. Das sind solche Lichtsignalanlagen an Kreuzungen, die dem nicht motorisierten Verkehr selbst dann erst auf Anforderung Grün geben, wenn parallel die Autofahrer*innen ohnehin Grün erhalten.
Bettelampeln haben für Radfahrer*innen und Fußgänger*innen erhebliche Nachteile. Radfahrenden wird die Möglichkeit zu flüssigem Fahren genommen. Das Anpassen der Geschwindigkeit an die Ampelschaltungsfolge auf einer Strecke wird unmöglich. Sie müssen oft anhalten, wo der Autoverkehr weiterfahren kann. Radfahrende fühlen sich nicht angemessen berücksichtigt. Das Fahren bei Rot nimmt zu, weil diese Schaltungen nicht akzeptiert werden.
Die nicht kreuzungsgebundenen Bedarfsampeln zählt der ADFC übrigens nicht zu den Bettelampeln. An diesen Anforderungsampeln auf der Strecke wäre »Sofortgrün« – das Grünsignal kommt nach wenigen Sekunden – ein geeignetes Mittel. So könnten selbstständig geführte Velorouten und Verbindungen entlang von Hamburgs Grünwegen attraktiver werden. Ein »schnelles Grünsignal« an Anforderungsampeln führt zu größerer Akzeptanz dieser Anlagen und damit zu mehr Verkehrssicherheit.
Räumzeiten
Wer die Fahrbahn beim letzten Moment des Grünsignals zu überqueren beginnt, muss sicher auf der anderen Straßenseite ankommen, bevor die Querrichtung Grün erhält. Entsprechend früh setzt für Fußgänger*innen das Rotsignal ein. Die Richtlinien für Ampelschaltungen rechnen mit sog. Räumgeschwindigkeiten und Räumzeiten. Für Fußgänger*innen rechnen die Richtlinien mit einer Geschwindigkeit von 1,2 m pro Sekunde. Für Radfahrende werden 4 m pro Sekunde angenommen. Eine Radfahrer*in hat also eine deutlich kürzere Räumzeit als eine Fußgänger*in – und könnte entsprechend länger Grün haben. In Hamburg wird der Radverkehr durch eine gemeinsame Streuscheibe oft der Fußverkehrs-Ampel zugeordnet. Dadurch muss er viel früher anhalten, als es die Richtlinien für den Radverkehr eigentlich erlauben würden. Ein frühes »Fahrrad-Rot« erlaubt es außerdem, mehr Autos durch die Kreuzung zu schleusen, weil keine Radfahrer »stören«. – Nach Ansicht des ADFC eine falsche Prioritätensetzung, denn der Radverkehr wird ausgebremst.
Stummelradwege
In Straßen ohne benutzungspflichtige Radwege gibt es manchmal kurze, benutzungspflichtige Radwegstrecken. Sie beginnen nahe einer Kreuzung oder an der Einmündung zuvor und enden hinter der Kreuzung wieder. Diese »Stummelradwege« sind eingerichtet, weil die Ampelschaltung so kurze Räumzeiten vorsieht, dass Radverkehr auf der Fahrbahn nicht zugelassen ist. Also ordnet die Behörde für Inneres mit Hilfe des Stummelradwegs den Radverkehr dem Fußverkehr-Signal zu. Dieses Vorgehen mag kurz nach Einführung der StVO-Novelle 1997 verständlich gewesen sein, weil nicht alle LSA kurzfristig umgeschaltet werden konnten.
Jahrzehnte später hätte das allerdings abgearbeitet sein müssen. Jetzt ist die Benutzungspflicht für Stummelradwege rechtswidrig angeordnet, weil sie in der Straße offenkundig ansonsten nicht erforderlich ist. Stummelradwege führen zu unstetiger Linienführung des Radverkehrs und nehmen ihn im Bereich der Kreuzung aus dem Sichtfeld der Autofahrer*innen, wo eine gute Sichtbeziehung aus Verkehrssicherheitsgründen am wichtigsten ist. Sie machen obendrein aus verträglichen Verkehrsströmen (der Weg von Auto und Rad kreuzt sich nicht, da sie auf der Fahrbahn hintereinander fahren) lediglich bedingt verträgliche (Auto und Rad kreuzen nun im Bereich der Furtmarkierung, weil sie durch den Stummelradweg kurz vorher getrennt wurden). Das Ergebnis ist ein Weniger an Sicherheit. Der ADFC fordert das zügige Umschalten der noch vorhandenen Ampeln mit dem Ziel, dass dann die Benutzungspflicht für Stummelradwege aufgehoben wird.
Forderungen
Der ADFC fordert für Ampelschaltungen deshalb:
- Fuß- und Radverkehr erhält in Knotenpunkten bei jedem Phasenumlauf automatisch Grün.
- Das Grünsignal für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen sollte schon kurz vor dem des Autoverkehrs einsetzen, denn das erhöht die Verkehrssicherheit.
- Die Signalisierung des Radverkehrs sollte grundsätzlich zusammen mit der des Kfz-Verkehrs oder mit eigenem Signal erfolgen.
- Fußgänger*innen und Radfahrer*innen erhalten die maximal mögliche Grünzeit bezogen auf die Grünzeit parallel fahrender Autofahrer*innen. – Kein willkürliches Verkürzen der Grünphase mit dem Ziel, dem Autoverkehr auf Kosten der anderen »Extrasekunden« zu geben.
- Wird der Radverkehr auf einem Radweg geführt und ist die Breite der zu überquerenden Fahrstreifen in der Summe größer als ca. 7 Meter, so sollten Radfahrende ein eigenes Signal bekommen, weil die Räumzeiten viel kürzer sind als die des Fußverkehrs.
Bezirksrat, 21. Dezember 2019