Radschnellwegstandard

Urbaner Radschnellwegstandard: Die Veloroute durchs Pergolenviertel ist trotz einzelner Kritikpunkte ein für Hamburger Verhältnisse sehr hochwertiger Streckenabschnitt. © Ulf Dietze

Fast ein Radschnellweg: Neuer Abschnitt der Veloroute 5 beim Pergolenviertel

Von der Sengelmannstraße im Norden bis zum Stadtpark im Süden gibt es eine neue und gut ausgebaute, etwa 1,3 km lange Radverkehrsverbindung entlang des Neubaugebiets »Pergolenviertel« in Hamburg-Nord. Wir berichten euch, was sich dort aktuell tut.

Die Stadt gab schon früh bekannt, diesen Abschnitt der Veloroute 5 nach den Standards eines urbanen Radschnellwegs bauen zu wollen. Radfahrer*innen fahren dabei auch unter zwei Brücken unter dem Jahnring (Ring 2) und der Hebebrandstraße durch, beides viel befahrene Hauptstraßen. Diese Brücken wurden einst gebaut, damit die geplante Stadtautobahn hier kreuzungsfrei unterqueren konnte. Nun profitieren davon die Radfahrer*innen auf der Veloroute: keine Ampelwartezeiten und keine Konflikte mit dem Autoverkehr. So braucht eine zügig fahrende Radfahrer*in kaum vier Minuten für die Strecke. Der Weg ist dabei vier Meter breit und asphaltiert, sodass sich andere Radfahrer*innen meist bequem überholen lassen.

Video: Veloroute VR5N entlang des Pergolenviertels

 

Wohnen mit weniger Autos

Die Veloroute (VR) 5 teilt sich nach Norden hin in zwei Äste. Der jetzt neu eröffnete Strang wird VR 5N genannt: Er führt von der Hamburger Straße in Barmbek-Süd direkt westlich am Pergolenviertel vorbei und dann weiter bis zur Rathenaustraße in Alsterdorf, wo er auf die VR 4 trifft. Beim Bau des neuen Pergolenviertels legte die Stadt großen Wert darauf, beste Bedingungen für ein Wohnen ohne eigenes Auto zu schaffen. So soll es dort später unter anderem mehrere gemeinschaftlich nutzbare Lastenräder geben, eine Fahrrad-Selbsthilfewerkstatt und zwei StadtRad-Stationen – im Viertel und am S-Bahnhof Alte Wöhr. Das Südende des Bahnhofs Rübenkamp lässt sich (auch per Fahrrad) über eine neue Rampen- und Brückenkonstruktion barrierefrei überwinden – ärgerlich, dass hier der Zugang zum Bahnsteig nicht barrierfrei, sondern lediglich über Treppen möglich ist. Rollstuhlfahrer*innen müssen auf der anderen Seite der Bahngleise durchs Kleingartengelände bis zum nördlichen Bahnsteigende, um einen Fahrstuhl nutzen zu können.

Kritikpunkte: Bettelampeln und fehlende Vorfahrt

Kritik übt der ADFC insbesondere an zwei Details des neuen Streckenabschnitts der VR 5N: Stadteinwärts müssen Radfahrer*innen an der Sengelmannstraße und an der Saarlandstraße jeweils rund 60 Sekunden warten, nachdem sie die dortigen Ampeltaster betätigt haben. Ohne Tasteranforderung zeigen diese Bettelampeln kein Grün. Das trägt dazu bei, dass viele Radfahrer*innen regelwidrig und dabei sich und andere gefährdend den linken Radweg bis mindestens zur nächsten Kreuzung nutzen. Der Fahrradclub fordert die Stadt auf, dort nachzubessern und diese Ampeln mit »Sofortanforderung« zu schalten, damit innerhalb von zehn Sekunden nach Tasterbetätigung das Grünsignal kommt. Alternativ könnten die Ampeln auch in den automatischen Phasenumlauf der nächsten Kreuzungen integriert werden, um die Wartezeiten für Radfahrende angemessen zu verkürzen.

Der zweite Kritikpunkt betrifft die Kreuzung der VR 5N mit dem Dakarweg: Dort gilt rechts vor links, obwohl der Radweg eine viel stärkere, stadtweite Bedeutung hat als der Dakarweg, der als reine Erschließungsstraße lediglich Ziele vor Ort anbindet. Würde es sich bei der VR 5N tatsächlich um einen Radschnellweg handeln, müsste an dieser Stelle dem Radverkehr Vorrang eingeräumt werden.

Eine weiterer Wermutstropfen ist die Tatsache, dass sich die schon erwähnte neu errichtete Brücke am Südende des S-Bahnhofs Rübenkamp ausschließlich über die sogenannten Pergolenwege erreichen lässt: Dabei handelt es sich um lediglich 2,4 Meter breite Wege mit Pflanzenbögen oben drüber. Solche Pergolenwege sind auch die einzige direkte Verbindung von der VR 5N zur Alten Wöhr, wo die wichtigen Ziele S-Bahnstation und das Wohngebiet Am Alten Güterbahnhof liegen. Zwar hat die Stadt diese Pergolenwege als Fuß- und Radverkehrsverbindung geplant. Um sie aber gerade zu den Kernzeiten des Berufs- oder Schulverkehrs sowohl für Fußgänger*innen als auch für Radfahrer*innen attraktiv zu machen, müssten diese Wege deutlich breiter sein.

Sperrgitter im Pergolenviertel
Sperrgitter im Pergolenviertel. Ohne Reflektorfolie. Ohne jeden Sinn. © Andrea Kupke

Update im März 2020: Ein Schritt vor, einer zurück

An der Ampel über die Sengelmannstraße beobachten wir inzwischen eine deutliche Verbesserung. Zwar gibt es hier weiterhin keine automatische Schaltung auf Grün, sondern die Radfahrer*in muss weiterhin anhalten und den Knopf betätigen. Aber dort bekamen wir bei mehreren Stichproben bereits nach wenigen Sekunden grün. Das ist  eine positive Entwicklung.

Da die Ampel über die Saarlandstraße nach Auskunft der Behörden immer mit dem benachbarten Knoten geschaltet wird, würde sich hier eine damit verbundene automatische Schaltung anbieten. Diese Forderung liegt dem zuständigen Regionalausschuss vor.

Einen Rückschritt gibt es an der Anbindung des Pergolenweges zwischen der Unterführung unter dem Ring 2 und der Saarlandstraße. Die gepflasterten Pergolenwege sind ausdrücklich auch für die Nutzung mit dem Fahrrad gedacht. - Dass auf diesen gemeinsamen Geh- und Radwegen Fußgänger*innen gegenüber besondere Rücksicht gilt, ist selbstverständlich. Zur Zeit sind die Pergolenwege noch nicht einmal richtig angebunden und werden kaum genutzt, später aber entsteht darüber eine ansonsten fehlende Verbindung zur Alten Wöhr.

Das neue Quartier setzt auf autoarmes Leben, die Ausstattung mit Lastenrädern wird überall lobend erwähnt. Daher ist es befremdlich, dass das Bezirksamt Hamburg-Nord nun an einer Abzweigung in diesen Pergolenweg eine Umlaufsperre aufstellen ließ. Lastenrädern, Rädern mit Anhänger oder auch kleinen Elektrofahrzeugen für mobilitätseingeschränkte Menschen kann man kaum wirksamere Hindernisse in den Weg stellen. Die Sperre solle darauf hindeuten, dass man sich nicht weiter auf der Veloroute befinde, so lautet die Begründung der Verwaltung. - Man muss allerdings, um in den Pergolenweg zu gelangen, einen vier Meter breiten mit Fahrradpiktogrammen versehenen Asphaltfahrstreifen im rechten Winkel verlassen, huklige taktile Leitstreifen überqueren und dann auf Pflastersteinen weiter rollen. Da merkt jede Radler*in auch ohne Gitter im Weg, dass sie nun die Veloroute verlassen hat. Also: Das Gitter muss weg!

Andrea Kupke, Ulf Dietze

alle Themen anzeigen

Verwandte Themen

Brückenschlag in Barmbek

Brückenschlag in Barmbek

Im Rahmen der integrierten Stadtteilentwicklung wurde in Barmbek eine neue Brücke über den Osterbekkanal gebaut, die den…

Alte Landstraße Richtung Norden. Nach links geht es Richtung Hinsbleek. (Markiert Anfang 2016)

Gute Beispiele: Direktes Linksabbiegen

Direktes Linksabbiegen hat für den Radverkehr einige Vorteile.

Rund um Bargteheide

Rund um Bargteheide (Tour 17)

Länge der Tour: 46,7 km

Start: U-Großhansdorf

Ziel: U-Ahrensburg West

Alter Elbtunnel - Zollenspieker

Alter Elbtunnel - Zollenspieker

Länge der Tour: 57,2 km

Start und Ziel: U/S-Landungsbrücken

Radfahrer im Grünen

#Abseitsradeln in Hamburg

Ganz nah dran und doch weit weg: Der ADFC Hamburg zeigt euch die schönsten Fahrradstrecken außerhalb der bekanntesten…

Radtouren Hefte aus 1986, 1999 und 2006

40 Jahre Jubiläum - Tag 24

Stellt euch eine Zeit vor, in der es weder Webseiten noch soziale Medien gab, in der Handys und Messengerdienste noch…

Fahrradampel mit Linkspfeil zeigt grün

Habichtstraße: Ampelschaltung für indirektes Linksabbiegen von Radfahrenden

Ungewöhnlich ist hier eine Fahrradampel mit Dauergrün. Ebenfalls gut gelöst: Es gibt getrennte Ampeln für Rad-geradeaus…

Stadt-Land-Fluss-Berg und Seen

Stadt-Land-Fluss-Berg und Seen

Länge der Tour: 70,0 km

Start und Ziel: S-Harburg (Ausgang Neuländer Platz)

So war STADTRADELN 2020

... Besondere Rahmenbedingungen auch für STADTRADELN!

Was genau stattfand und wie ihr Hamburg auf Platz vier geradelt…

https://hamburg.adfc.de/artikel/fast-ein-radschnellweg-neuer-abschnitt-der-veloroute-5-beim-pergolenviertel

Häufige Fragen von Alltagsfahrer*innen

  • Was macht der ADFC?

    Der ADFC ist die größte Interessenvertretung für Radfahrende weltweit und hat mehr als 220.000 Mitglieder bundesweit, davon über 9.000 in Hamburg. Als Fahrradlobby setzen wir uns für die Verkehrswende mit dem Fahrrad im Mittelpunkt ein - und damit für mehr Klimaschutz, Sicherheit, Gesundheit und Lebensqualität.

    Der ADFC ist parteipolitisch neutral, aber parteilich, wenn es um die Interessen von Radfahrenden geht. Mit Kampagnen fördern wir den öffentlichen Diskurs und erzeugen politisch Druck. Auf Fachveranstaltungen und durch Lobbyarbeit informieren wir politische Entscheider*innen. Mit Projekten wie dem ADFC-Fahrradklima-Test schaffen wir öffentliche Aufmerksamkeit für dringend notwendige Verbesserungen der Radfahrbedingungen. Unsere Serviceangebote machen Radfahrenden das Leben leichter. Und im Freizeitbereich veranstalten wir Radtouren und fördern den Radtourismus.

    weiterlesen

  • Wie erreiche ich den ADFC Hamburg?

    Geschäftsstelle des ADFC Landesverband Hamburg e.V.
    Koppel 34-36
    20099 Hamburg

    Telefon: +49 40 39 39 33
    E-Mail: kontakt [at] hamburg.adfc.de

     

    Erreichbarkeit
    Die Geschäftsstelle ist an Werktagen grundsätzlich telefonisch erreichbar. Anrufe können jedoch nicht immer persönlich entgegen genommen werden. Nachrichten auf dem Anrufbeantworter sind sehr willkommen und werden (werk)täglich abgehört und beantwortet.
    Bitte nutzen Sie auch unsere E-Mail-Adresse.

    Persönliche Termine sind nach Absprache möglich.

    weiterlesen

  • Warum sollte ich Mitglied im ADFC sein?

    Mit Deiner Mitgliedschaft unterstützt Du den ADFC in seiner Arbeit für bessere und sichere Radwege. Wir setzen uns für dich und deine Interessen in Politik und Öffentlichkeit ein, fordern und fördern den weiteren Ausbau der Radinfrastruktur und die Verkehrswende in Hamburg. Mit deiner Mitgliedschaft zeigst du, dass Radfahren zu Deinem Leben gehört und verleihst der Fahrradlobby noch mehr Gewicht.

    Du trägst dazu bei, dass Hamburg zu einer lebenswerteren, klimafreundlichen Stadt mit nachhaltiger Mobilität wird.

    weiterlesen

  • Welche Vorteile habe ich als ADFC Mitglied?

    Als Mitglied im ADFC bist du mitten im Geschehen, kannst am aktiven Vereinsleben teilnehmen und findest zu (fast) jedem Rad-Thema Gesprächspartner*innen.

    Über deine Mitgliedschaft erhältst du mit unserer "ADFC Pannenhilfe" rund um die Uhr schnell und unkompliziert Hilfe, wenn du mal nicht mehr weiter kommst – egal, ob im Alltag, in der Freizeit oder auf Reisen (gilt für Fahrräder, Pedelecs, Lastenräder, Fahrradanhänger). Du bist als Mitglied automatisch rechtsschutz- und haftpflichtversichert, wenn Du als öffentlicher Verkehrsteilnehmer*in mit dem Fahrrad, zu Fuß oder mit dem Fahrrad im ÖPNV unterwegs bist. Außerdem hast du Anspruch auf eine kostenlose anwaltliche Erstberatung. Als Mitglied bekommst du regelmäßig das ADFC-Mitgliedermagazin Radwelt frei Haus per Post oder als E-Paper, voll mit wertvollen Tipps und Informationen rund ums Rad sowie als Hamburger*in die RadCity, das Radmagazin des Hamburger Clubs. Zudem gibt’s Vergünstigungen bei unseren Services wie zum Beispiel dem Codieren.

    weiterlesen

  • Wie kann ich den Newsletter abonnieren?

    Der kostenlose Newsletter des ADFC Hamburg informiert ein bis drei Mal im Monat über Neuigkeiten zum Radfahren in Hamburg und über die Arbeit des ADFC.

    Hier geht's zur Anmeldung
    Du kannst dich jederzeit über einen Link im Newsletter wieder davon abmelden.

  • Wo kläre ich meine Fragen zur Mitgliedschaft?

    Für Änderungen zur Mitgliedschaft stellen wir verschiedene Formulare bereit, mit denen du z.B. eine neue Anschrift ganz einfach mitteilen kannst. Du benötigest lediglich deine Mitgliedsnummer.

    Mitglied werden kannst du hier.

    Bei Fragen zur Mitgliedschaft hilft dir unser zentraler Mitgliederservice in Bremen gerne weiter: +49 421 34 62 923.

    Eine Übersicht zu unseren Mitgliedervorteilen findest du hier.

  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.

    weiterlesen

Bleiben Sie in Kontakt