Elbchaussee
Die Elbchaussee ist eine hervorragende Verbindung zwischen den Elbvororten und der Innenstadt. Bisher jedoch ist der oft als Prachtstraße beschriebene einstige Kutschenweg ausgesprochen unattraktiv für den Rad- und Fußverkehr.
Die Planungen begannen mit einer öffentlichen Online-Beteiligung im März und April 2018. Am 28. April 2018 organisierte die Bezirksgruppe Altona des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) eine Befahrung der Elbchaussee mit verschiedenen Zwischenkundgebungen, bei denen auf die jeweiligen Besonderheiten vor Ort hingewiesen wurde. So waren und sind viele Straßenabschnitte lediglich gesäumt von schmalen Gehwegen mit holpriger Oberfläche, die teilweise auch noch für den Radverkehr freigegeben sind. Die Hoffnung, die 2018 aufkeimte: Rad- und Fußverkehr bekommen mit dem geplanten Ausbau mehr Platz, eine bessere Aufenthaltsqualität und eine gut befahrbare beziehungsweise begehbare Straße, auch als Alternative zum Elberadweg.
Information und Dialog
Ebenfalls im März und April 2018 gab es verschiedene Informations- und Aktionsstände in dem Gebiet, sodass Anwohnende Ideen, Wünsche und Kritik äußern und sich informieren konnten. Die Ergebnisse wurden in einer ersten öffentlichen Dialogveranstaltung am 4. Mai 2018 vorgestellt.
In den Monaten Oktober/November 2018 gab es eine zweite Online-Beteiligung. Am 16. November 2018 wurden die Ergebnisse auf einer zweiten öffentlichen Dialogveranstaltung vorgestellt.
Es wird konkret
Im Juli 2019 lag schließlich die Erstverschickung im Mail-Postfach. Radbegeisterte aus Altona machten sich mit Plänen und Erläuterungen vertraut, fuhren die Elbchaussee zwischen Manteuffelstraße und Hohenzollernring noch einmal entlang und trafen sich, um in vielen Stunden eine Stellungnahme zu schreiben. Wer sich eine so umfangreiche Planung schon mal angesehen hat, weiß, dass viele Punkte berücksichtigt werden müssen: Auf- und Ableitungen zwischen Radweg und Fahrbahn, Kreuzungsbereiche, Abbiegemöglichkeiten, Ampeln, Aufstellflächen für den Radverkehr, Konfliktmöglichkeiten zwischen Fuß-, Rad- und Kfz-Verkehr und vieles mehr. Selbst routinierten Radaktivist*innen schwirrt dann schon mal der Kopf.
Wie häufig bei umfangreichen Planungen, erfolgte Anfang 2020 eine Zweitverschickung. Schon die damaligen Pläne wurden von verschiedenen Parteien und Interessengruppen kritisiert, weil sie sehr auf den motorisierten Verkehr fokussiert waren. Ausreichend Platz für Fuß- und Radverkehr, Besonderheiten wie Abbiegemöglichkeiten zur Fähre Teufelsbrück und der Bezug zum Elberadweg wurden in der Planung nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt. Anfang 2021 gab es dann eine überarbeitete Schlussverschickung.
So sieht es heute aus
Erstmalig in Hamburg wurden hier die sogenannten Kopenhagener Radwege gebaut. Im jetzt für den Verkehr freigegebenen ersten Bauabschnitt zwischen Manteuffelstraße und Parkstraße gibt es auf der Nordseite der Elbchaussee zwei Kopenhagen-Abschnitte: von der Parkstraße bis zur Holztwiete sowie vom Jenischpark gegenüber dem Hans-Leip-Ufer bis zur Sieberlingstraße. Auf der Südseite wurde zwischen Hans-Leip-Ufer und Holztwiete ein Radweg nach Kopenhagener Vorbild gebaut. Hier wird auch schon eines der Hauptprobleme deutlich: Innerhalb weniger Meter wechselt die für den Radverkehr angebotene Infrastruktur, und zwar mehrfach.
Problematische Verkehrsführung
Schon bald nach der feierlichen Eröffnung war deutlich, dass die Aufleitung von der Fahrbahn auf den Kopenhagener Radweg in Richtung Blankenese auf der Höhe Jenischpark eine echte Gefahrenstelle war. Innerhalb weniger Wochen stürzten dort mehrere Radfahrende. Vorübergehend wurde die Aufleitung rot eingefärbt, die Bordsteinkante zwischen Fahrbahn und Radweg mit rot-weiß gestreiften Baken markiert. Problematisch ist dort, dass Radfahren- de mit hoher Geschwindigkeit auf der Elbchaussee Richtung Teufelsbrück auf der Fahrbahn bergab fahren und die Aufleitung erst sehr spät zu erkennen ist, unter anderem, weil die Kantsteine zur Fahrbahn und zum Fußweg nicht farblich hervorgehoben wurden (grau in grau). Die Aufleitung dort soll baulich Anfang 2024 noch mal geändert werden, um weitere Stürze zu vermeiden.
Viel Schatten, wenig Licht
Die Kopenhagener Radwege bieten mit ihrer Asphaltoberfläche zwar ein komfortables Fahren, haben aber überwiegend nur eine Breite von 1,80 Meter und keinen Sicherheitstrennstreifen zur Fahrbahn. Ein sicheres Überholen zwischen Radfahrenden ist dort nicht möglich. Befinden sich Hindernisse wie Laub, Gegenstände oder Personen auf dem Radweg, ist ein Ausweichen unmöglich.
In den übrigen Abschnitten der Elbchaussee findet der Radverkehr im Mischverkehr bei Tempo 50 statt, im Bereich zwischen dem Hotel Louis C. Jacob und der Kirche Nienstedten wurde Tempo 30 angeordnet. Hier wurden auf der Fahrbahn auch „Sharrows“ aufgebracht, also Piktogramme, die auf die gemeinsame Straßennutzung aufmerksam machen sollen. Etwa auf Höhe des Friedhofes bis zur Manteuffelstraße wurden auf der Nordseite der Elbchaussee schmale Schutzstreifchen markiert. Die Fahrbahn ist dort allerdings so eng, dass die Markierung zum Schutzstreifen permanent überfahren wird. Bei einem Rückstau vor der Ampelkreuzung Manteuffelstraße / Elbchaussee / Schenefelder Landstraße warten die meisten Pkw-Fahrenden zwar links der Markierung, Busse müssen aber eventuellen Gegenverkehr berücksichtigen und weichen deswegen häufig auf den Schutzstreifen aus. Radfahrende können dann nicht mehr auf dem Schutzstreifen an den wartenden Kraftfahrzeugen vorbeifahren.
Mischverkehr auf einer Hauptverkehrsstraße bedeutet auch, dass Radfahrende ständig damit rechnen müssen, eng überholt und gefährdet zu werden. Zu geringe Überholabstände, dichtes Auffahren, Überholen vor Kurven und Überholen trotz Gegenverkehr sind Alltag auf diesem Abschnitt.
Flaschenhals Teufelsbrück
Viele Airbus-Mitarbeitende pendeln mit dem Fahrrad bis zur Fähre in Teufelsbrück. Für den aus Richtung Innenstadt kommenden Radverkehr gibt es jedoch keine ausreichende Möglichkeit, um nach links zum Fähranleger abzubiegen. An der Ampelkreuzung zur Baron-Voght-Straße wurde lediglich eine schmale Abbiegetasche für indirektes Linksabbiegen markiert. Direktes Linksabbiegen von der Fahrbahn zum Fähranleger ist an dieser Kreuzung nicht erlaubt. Die markierte Abbiegetasche ist für die hohe Anzahl an Fahrradpendelnden viel zu klein – eine regelrechte Einladung zu Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung. Bei besserer Planung hätte das vermieden werden können. In der Stellungnahme des ADFC wurde damals eine Linksabbiegespur für Radfahrende gefordert.
Der nächste Schritt
Wie soll es nun weitergehen? Der nächste Sanierungsabschnitt ist bereits in Planung: vom Hohenzollernring bis zur Betty-Levy-Passage (etwa Höhe Rathaus Altona). Die erste Verschickung wurde dem ADFC Hamburg im September 2023 zur Verfügung gestellt, und wir haben unsere Stellungnahme abgegeben. Im Oktober 2023 gab es eine nicht öffentliche Infoveranstaltung für Interessengruppen wie den ADFC. Dort informierte der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) über die Planungen und ging auch auf die Punkte in den Stellungnahmen der verschiedenen Interessengruppen ein. Zum Beispiel wurde über Kreuzungsgestaltungen informiert, die Lage der Bushaltestellen erläutert oder Abwägungsprozesse bei verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten erklärt. Baubeginn wird voraussichtlich bereits 2025 sein.
Für die BG Altona: Karin Wiedey