Veloroute 6: Störungen an der Von-Essen-Straße
Der Weg hin zu einer leistungsstarken Fahrradverkehrsinfrastruktur steht im Zentrum des Engagements lokaler ADFC-Gruppen. Das folgende Beispiel zeigt, wie kleinteilig und herausfordernd die Erschließung von Fahrradverkehrsflächen im Detail sein kann.
Die Veloroute 6 wird in Barmbek-Süd bereits sehr gut angenommen und ist mit der Fahrradstraße am Eilbekkanal eine hervorragende Verbindung abseits der belasteten Hauptverkehrsstraßen. Konkret geht es um die Von-Essen-Straße, einen kurzen Abschnitt der Veloroute 6 in diesem Stadtteil. Der Abschnitt wird im Verlauf der Fahrradstraße stadteinwärts durch eine scharfe Linkskurve befahren und schon nach rund 25 Metern durch eine scharfe Rechtskurve auf die Uferstraße Richtung Alster wieder verlassen. Geradeaus führt die Von-Essen-Straße über den EiIbekkanal Richtung südliches Wandsbek und in die entgegengesetzte Richtung zur Dehnhaide. Der Velorouten-Abschnitt der Von-Essen-Straße ist für den Autoverkehr nur für Anlieger durch eine entsprechende Beschilderung freigegeben.
Das Problem: Zu Spitzenzeiten wird die Beschilderung »Anlieger frei« von rund 300 AutofahrerInnen pro Stunde ignoriert, indem sie den kurzen Abschnitt durchfahren. Wer die Strecke regelmäßig mit dem Fahrrad nutzt, kennt, was häufig folgt: Man nimmt die erste Kurve, um dann hinter einem Auto zu warten, dessen Fahrer*in den Gegenverkehr auf der Veloroute passieren lassen muss. Dann ist die Sache glimpflich abgelaufen. Die ruppigere Variante ist, wenn einem schon vor der ersten Kurve die Vorfahrt genommen und man ausgebremst wird.
Es entstehen folglich Gefahrensituationen und der Fahrkomfort ist stark eingeschränkt. Somit deckt sich der aktuelle Zustand nicht mit den Zielen, die im Grundsatzpapier »Velorouten in Hamburg – Grundlagen und Leitlinien« der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation stehen: Fahrkomfort und Sicherheit von Velorouten werden in diesem Dokument mehrfach betont.
Das Thema ist im Bezirk bekannt. Deshalb wurden Vertreter des zuständigen Polizeikommissariats und des ADFC in Hamburg-Nord Anfang des Jahres im Regionalausschuss angehört. In dem Rahmen hat der ADFC drei konkrete Verbesserungsvorschläge für die Von-Essen-Straße vorgetragen:
- Eine gegenläufige Einbahnstraßenregelung, was eine Linderung bewirken könnte
- Eine Diagonalsperre etwa in der Mitte der Straße Richtung Dehnhaide, was eine wirksame aber bautechnisch aufwendige Variante wäre
- Die einseitige Sperrung der Straße in Höhe des Eilbekkanals, was eine bautechnisch einfache aber ebenso wirksame Lösung darstellt
Neben dem ADFC haben sich auch die Fraktionen des zuständigen Regionalausschusses sowie der örtliche Stadtteilrat mehrfach für die Verbesserung der Situation für den Fahrradverkehr durch eine wirksame Reduktion des Autoverkehrs ausgesprochen. Das Thema wird in diesem Ausschuss wegen diverser Beschwerden seit Jahren behandelt. Bereits 2014 wurden Schilder aufgestellt, die das Verbot der Durchfahrt unterstützen sollten. Da dies keine Wirkung zeigte, sind nun weitergehende Maßnahmen angebracht.
Insofern wird sich der ADFC weiterhin für die Verbesserung der Situation einsetzen, denn ein Abstellen solcher Widrigkeiten birgt große Chancen: Radfahrende fühlen sich sicherer, wenn sie sich darauf verlassen können, den Autofahrer*innen nicht ins Gehege zu kommen. Im Zuge der Radverkehrsförderung ist dies ein ganz entscheidender Hebel, um mehr Menschen für das Fahrradfahren zu begeistern.
Verkehrszählung
[Update, 28.05.2018] Durchgangsverkehr Von-Essen-Straße
Der ADFC hat eine Verkehrszählung vorgenommen. Hierfür wurde am 19.04.2018 zwischen 7:30 und 9:10 Uhr eine Filmaufnahme gemacht und anschließend ausgewertet.
Das Ergebnis: Die vorherrschende Verkehrsart in diesem Zeitraum ist zweifelsfrei der Radverkehr (siehe Grafiken). Gleichwohl sind die Störungen, die von verhältnismäßig wenigen Kraftfahrzeugfahrer*innen verursacht werden, beträchtlich. Die allermeisten Kraftfahrzeugfahrer*innen befahren den Fahrradstraßenabschnitt der Von-Essen-Straße ohne Zwischenstopp. Mit anderen Worten: Der Kraftfahrzeugverkehr der Fahrradstraße findet nahezu vollständig ohne Kontaktaufnahme zu Anliegern und somit regelwidrig statt.
Was sind Velorouten?
Ein Radverkehrsnetz sollte »hierarchisch« aufgebaut sein. Es gibt dann bezirksübergreifende Velorouten, ergänzende Velorouten innerhalb des Bezirks, das normale Straßennetz und das sog. Nachbarschaftsnetz. Insgesamt ist das Ziel, sichere Radverkehrsverbindungen für jeden anzubieten. Das schafft der Verkehrsteilnehmer*in – egal ob jung oder alt – eine wirkliche Wahl: Nehme ich jetzt das Fahrrad oder doch das Auto, nehme ich den Bus oder gehe ich zu Fuß? Heute setzen sich viele auch deshalb ins Auto, weil sie für sich keine Alternative sehen. Letztlich ist die Erhöhung des Radverkehrsanteils das Ziel. Denn das reduziert die Luftverschmutzung und die Lärmemissionen, erhöht die Verkehrssicherheit, reduziert Parkplatzbedarf – und sorgt dann auch für jenen Platz, den der notwendige Anteil des Autoverkehrs benötigt.
Velorouten setzen sich meist aus ganz »normalen« Straßen zusammen: Tempo-30-Abschnitte, ein Weg durch einen Park, eine am Ende offene Sackgasse, eine in beiden Richtungen befahrbare Einbahnstraße, eine Fahrradstraße usw. In Verbindung mit radfahrgerechter Kreuzungsgestaltung entsteht eine längere attraktive und sichere Verbindung, die eine zügige Reisegeschwindigkeit erlaubt.
Die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM) hat ein Netz von Velorouten festgelegt. Die Infrastruktur auf diesen Strecken wird nun überplant und umgebaut – der heutige Zustand einer Strecke entspricht also noch nicht überall dem der fertigen Veloroute. Das Netz umfasst 12 vom Rathausmarkt in die Bezirke verlaufende Velorouten sowie zwei »Ringrouten« nördlich der Elbe. Im Anschluss an den Ausbau wird die Wegweisung angebracht.
Das geplante Routennetz zeigt die Behörde im Geoportal - es entspricht dort im Detail nicht immer der aktuell geplanten Routenführung.