Verkehrspolitische Radtour in Harburg
Manche Traditionen lassen sich wiederbeleben: Am 1. Oktober traf sich eine Gruppe engagierter und interessierter Menschen zur verkehrspolitischen Radtour durch Harburg.
Am Anfang war eine Idee: Es wird höchste Zeit, die Tradition der verkehrspolitischen Radtouren im Bezirk wieder aufleben zu lassen. Schließlich gibt es von Fischbek und Neuenfelde im Westen über Hausbruch und Heimfeld bis Neuland und Wilstorf im Osten immer noch riesige Gebiete, die verkehrspolitisch absolutes Brachland sind.
Durch Neugraben und Neuwiedenthal
Trotz des wenig einladenden Regenwetters fanden sich am 1. Oktober 24 Teilnehmer*innen am S-Bahnhof Neugraben ein. Als Startpunkt hatten wir uns bewusst für ein positives Beispiel entschieden: die neuen Radabstellanlagen am Neugrabener Bahnhof. Hier gibt es inzwischen 880 Stellplätze, und zwar zu beiden Seiten der Gleise. Viele Plätze sind überdacht. Eine gute Voraussetzung, um mehr Menschen aufs Rad und in den HVV zu bekommen.Wir radeln zunächst stadtauswärts die neue Veloroute 10 entlang. Allerdings … gleich hinter dem Bahnhofsgelände verwandelt sich das Vorzeigeprojekt in einen zugewachsenen Matschweg. Ernüchterung macht sich unter den Teilnehmer*innen der Tour breit. Bei der Stadtteilschule Fischbek-Falkenberg werden wir dann mit dem ganz normalen Alltagsirrsinn konfrontiert: zugeparkte Straßenränder entlang der B 73, aber viel zu wenig Platz, um die Fahrräder der Schülerinnen und Schüler aufzunehmen.
Wir wechseln auf die Südseite der Bundesstraße und fahren Richtung Innenstadt. Auch da wieder zahlreiche Busse und parkende Autos, sodass viele Fahrradfahrer*innen auf den Fußweg flüchten, um nicht zerquetscht zu werden. Sämtliche Sichtachsen sind zugestellt und versperrt, was zu großer Unsicherheit bei allen Beteiligten führt.
Die immer gleichen Missstände
Hier wird das Grundproblem in Neugraben und Neuwiedenthal überdeutlich: Der mangelnde Platz. Der Radverkehr wird einfach auf die Seite gedrängt, oft genug auch unter Nichtbeachtung der gesetzlichen Vorgaben. Irgendwo wird eine Fahrradspur aufgemalt und als innovative Infrastruktur verkauft. Hauptsache, die Fahrräder verschwinden von der Straße. Auch in der mit 50 km/h befahrbaren Neugrabener Bahnhofstraße gibt es Radwege, die zwischen aufklappenden Autotüren und Blumenrabatten keinerlei Spielraum mehr lassen. Es sind die immer gleichen Missstände, die uns während der gesamten Tour begegnen: Falsche Ausschilderungen, zugeparkte Wohnstraßen, der Busverkehr, die mangelnde Rücksichtnahme, die fehlenden Sichtbeziehungen, keine Kontrolle von Fehlverhalten.
Gut gemeint, aber nicht zu Ende gedacht
Schließlich gelangen wir wieder zum Bahnhof Neugraben, dieses Mal auf die Südseite mit dem Busbahnhof. Kurz vor den Fahrradabstellplätzen wird der Radweg ohne jede Ankündigung einfach auf die Fahrbahn geleitet, nur um diese nach 50 bis 60 Metern wieder zu verlassen. Und auf der Nordseite der Gleise, kurz vor dem Neugrabener Bahnhof von Harburg her gesehen, klafft in der angeblich fertig gestellten Veloroute 10 eine Lücke von vielleicht 500 Metern Breite.
Für jede Autobahn kann man, wenn nötig, Grundstücke enteignen. Wieso geht das eigentlich nicht, wenn ein paar Meter Radweg fehlen?
Fazit
Was die Verkehrspolitik angeht, gibt es im Bezirk Harburg immer noch jede Menge zu tun. Wir bleiben dran. Und bieten bestimmt bald wieder eine verkehrspolitische Radtour an.
Ulrike Hanebeck, Leo Strohm
Diese Artikel stammen aus der RadCity 04/2022
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