QfM beendet

Die ADFC-Kampagne "Quartiere für Menschen" lief Ende August aus. © Bernd Reipschläger - ADFC Hamburg

Endspurt in Eimsbüttel

Schon in den vergangenen beiden Ausgaben der RadCity haben wir über das Projekt #QuartiereFürMenschen, initiiert von der ADFC-Bezirksgruppe Eimsbüttel, berichtet. Nun möchten wir euch die ersten konkreten Ergebnisse vorstellen.

Für den 8. Juni hatte das Team von #QuartiereFürMenschen zu einer Online-Versammlung eingeladen. Nach einer kurzen Einführung und einem inspirierenden Vortrag über gelungene vergleichbare Projekte in anderen Städten wie Barcelona und London konnten die Teilnehmer*innen ihre Vorstellungen und Wünsche einbringen. Die Anwesenden waren sich weitgehend einig darüber, dass die über hundert Vorschläge, die Anwohner*innen im Lauf der vorangegangenen Wochen über die Homepage der Initiative eingebracht hatten, viel dazu beitragen können, ganz Eimsbüttel lebensfreundlicher, autoärmer, fahrrad- und fußgängerfreundlicher zu gestalten.

Darüber hinaus wurde auch die Aufstellung von „Mitfahrbänken“ oder von „Fairteilern“ für Lebensmittel angeregt. Eine andere Forderung drehte sich um das Angebot neuer Formen von Mobilität, die über eine reine Verwirklichung von „autoarmen“ Quartieren hinausgeht und die Bedürfnisse aller berücksichtigt. Einige Teilnehmende aus Stadtteilen und Straßen außerhalb des betrachteten Kerngebiets wünschten sich auch explizit eine Ausweitung auf weitere Gebiete, vielleicht sogar auf ganz Hamburg.

Es gibt auch Bedenken

Eine Anwohnerin fragte sich, wie ältere Menschen auch dann noch mobil bleiben können, wenn sie selbst nicht mehr Fahrrad fahren können. Da war der Hinweis hilfreich, dass auch weiterhin jede Adresse im Quartier mit einem Kraftfahrzeug erreichbar sein wird. Es soll ja lediglich das Durchqueren unterbunden werden. Dass Verschönerungen wie die drei B – Bäume, Brunnen, Bänke – oder vermehrte Außengastronomie auch ihre Schattenseiten haben, wenn Anwohner*innen von rücksichtslosen Partygänger*innen um den Schlaf gebracht werden, wurde im Beitrag einer Anwohnerin des Stellinger Wegs deutlich. Hier ist die Polizei, aber vor allem die Politik gefragt. Die Umgestaltung des Platzes am Stellinger Weg/Ecke Hellkamp bietet eine große Chance, das Thema „Ruhestörungen“ in die Diskussion zu bringen und mit allen Beteiligten zu lösen. Insbesondere vor dem Hintergrund der eher enttäuschenden Umsetzung der Bürger*innenvorschläge zur Osterstraße bewegt die Menschen im Quartier auch die Frage, ob diese Vorschläge überhaupt umgesetzt werden.

 

Ein Spaziergang durchs Quartier

Der als Demonstration angemeldete Spaziergang am 18. Juni 2021 fand bei schwülheißen 35 Grad statt. Trotzdem wurden insgesamt fünf Stationen des Eimsbütteler Kerngebiets angesteuert, um vor Ort mit mobilen Pollern und Schildern sichtbar zu machen, wie verkehrsberuhigte Zonen ohne Kfz-Durchgangsverkehr aussehen könnten. An den jeweiligen Stationen wurden die angedachten Maßnahmen kurz erläutert und anschließend vorübergehend in die Tat umgesetzt. So wurde beispielsweise erkennbar, wie die Diagonalsperre auf der Kreuzung Osterstraße/Schwenckestraße funktionieren würde. Sie bildet das Herzstück der Verkehrsberuhigung im Kerngebiet Eimsbüttel und soll an dieser Stelle den motorisierten Durchgangsverkehr verhindern. Die Osterstraße soll nach unserem Vorschlag Tempo-20-Zone werden und könnte nicht mehr in voller Länge durchfahren werden, wäre aber für alle, einschließlich ÖPNV und Lieferverkehr, weiterhin zugänglich.

Ein kleines Stück weiter, rund um die Apostelkirche, würde ein großer, autofreier Platz entstehen. Der durch die stark befahrene Lappenbergsallee zerschnittene Bereich würde wieder zu einem großen Ganzen zusammenwachsen und Raum für vielfältige Nutzung bieten, lediglich der Linienbus soll ihn mit Hilfe eines versenkbaren Pollers noch durchqueren können. Am nur wenige Meter entfernten Eimsbütteler Marktplatz würde eine Abbindung der Faberstraße für erhebliche Verkehrsberuhigung im Wohnquartier sorgen. Das Gebiet rund um die Kreuzung Stellinger Weg/Hellkamp hat sich in den letzten Jahren zu einem populären und immer stärker frequentierten Quartiersmittelpunkt mit Geschäften, Dienstleistern und (Außen-)Gastronomie entwickelt. Das Umfeld wird gegenwärtig jedoch stark von parkenden Fahrzeugen dominiert. Unsere Maßnahme: Der Bereich östlich der Kreuzung Hellkamp wird für den Pkw-Verkehr auf einer Länge von etwa hundert Metern gesperrt, bleibt aber für den nicht-motorisierten Verkehr passierbar. Eine kurze filmische Zusammenfassung dieses Spaziergangs findet ihr hier:

Video: QfM-Spaziergang durch Eimsbüttel

 

Positive Resonanz von allen Seiten

Auch bei den anliegenden Geschäftsleuten und Vereinen war die Resonanz überwiegend positiv. Der schnell fahrende motorisierte Verkehr, zugeparkte Gehwege und der Verdrängungskampf zwischen Autofahrer*innen, Fußgänger*innen und Radfahrer*innen gehen auch zu Lasten des Umsatzes. Auch, wenn der eine oder andere noch befürchtet, dass sein Geschäft leiden könnte, wenn die Kund*innen nicht mehr aus allen Richtungen direkt bis vor den Laden fahren können: Bereits realisierte Projekte zur Verkehrsberuhigung in anderen Städten, aber auch am Grindelviertel, haben gezeigt, dass sich die Kundschaft der anliegenden Geschäfte eher aus dem Laufpublikum rekrutiert. In der Schlussbilanz sind die Ladeninhaber*innen daher immer die großen Gewinner*innen einer Verkehrsberuhigung.

Jetzt geht's los

Damit kann es für #QuartierefürMenschen jetzt in Richtung Verwirklichung gehen. Die Ergebnisse der Online-Beteiligung mit nahezu 100 Vorschlägen zur Umgestaltung und zahlreichen Kommentaren wurden sortiert und aufbereitet und am 30. August 2021 an die Bezirksamtsleitung in Eimsbüttel übergeben. Denn auch, wenn der Wunsch nach Veränderung von den Anwohner*innen ausgehen muss, die Umsetzung ist Aufgabe der Politik. Und die ist jetzt gefordert!

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