Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Landesverband Hamburg e. V.

Radfahrstreifen auf beiden Seiten der Fahrbahn

ADFC-Position: Radfahrstreifen und Schutzstreifen

Der ADFC Hamburg befürwortet Radfahrstreifen, wenn sie so gebaut sind, dass sie für alle Radfahrer*innen sicher sind – und diese sich dort auch sicher fühlen.

Radfahrstreifen sind Wege nur für Radfahrende, die durch eine weiße durchgezogene Linie von der Fahrbahn und durch einen Bordstein von den Nebenflächen abgetrennt sind. Die weiße Linie darf nicht von Autofahrer*innen überfahren werden. Eine Ausnahme besteht ausschließlich für den Fall, dass dahinter liegende Parkstände angelegt sind, die anders nicht erreichbar sind.

Schutzstreifen sind als Teil der Fahrbahn durch eine unterbrochene Linie von dieser abgetrennt. Mit Kfz darf der Schutzstreifen nur überfahren werden, wenn es aufgrund der Breite der sich begegnenden Fahrzeuge erforderlich ist (i. d. R. nur bei Bussen und Lkw untereinander der Fall).

Die Führung des Radverkehrs auf Radfahrstreifen oder Schutzstreifen steigert die Akzeptanz für den Radverkehr auf der Fahrbahn bei den Verkehrsteilnehmer*innen. Zugleich steigt die Verkehrssicherheit für Radfahrende, weil sie dort besser von Autofahrer*innen gesehen werden. Fußgänger*innen wiederum gewinnen mehr Platz, weil der Radverkehr nicht auf den meist engen Nebenflächen der Straße stattfindet.

 

Maße von Radfahrstreifen und Schutzstreifen

Damit sich Radfahrende auf Radfahrstreifen sicher fühlen, müssen bei deren Bau Regeln und Richtlinien eingehalten werden, die sich aus den Erfahrungen von Radfahrenden und aus Untersuchungen der Verkehrswissenschaft ergeben. Alte, bestehende Radfahrstreifen sollten regelmäßig überprüft werden. Schmale und aufgrund fehlender Abstände zu geparkten Autos gefährliche Schutz- und Radfahrstreifen müssen an die heutigen baulichen Regeln angepasst werden.

Die aktuelle Regelbreite beträgt für Radfahrstreifen 2,75 Meter inklusive der Markierung (0,25 Meter), die Mindestbreite 1,85 Meter1. Schutzstreifen dürfen ebenfalls die Breite von 1,85 Metern nicht unterschreiten. Damit sich Radfahrende sicher untereinander überholen können, sind mindestens 2,25 Meter breite Streifen inklusive Markierung erforderlich2. Wo immer möglich, sollten aber breitere Wege gebaut werden, um die subjektive und objektive Sicherheit zu erhöhen. Zu Kfz-Parkständen muss in jedem Fall ein Sicherheitstrennstreifen von mindestens 0,75 Meter Breite markiert sein, um Unfälle durch plötzlich geöffnete Autotüren zu vermeiden. 

Problem Überholen

Ein zweiter Sicherheitstrennstreifen zwischen Radfahrstreifen und Kfz-Fahrstreifen erhöht zudem die Wahrscheinlichkeit, dass Autofahrer*innen den innerorts vorgeschriebenen Überholabstand von mindestens 1,50 Meter zu Radfahrenden einhalten2. Diesen halten Autofahrende erfahrungsgemäß aber häufig nicht ein, sondern fahren sehr nah an der aus ihrer Sicht rechten Markierung der Fahrbahn zum Radfahrstreifen entlang und drängen so Radfahrende an den rechten Rand des Radfahrstreifens. Weil dieses Verhalten subjektiv und objektiv verkehrsgefährdend ist, müssen ihm Verkehrsplaner*innen erhöhte Aufmerksamkeit schenken3.

Besonders in Straßen mit schmalen Schutzstreifen überholen Autofahrer*innen Radfahrende häufig zu eng und ohne den Sicherheitsabstand zu beachten. Schutzstreifen sollten deshalb prinzipiell nur in gut begründeten Ausnahmefällen gebaut werden. Zum Beispiel bei geringer Kfz-Verkehrsbelastung der Straße, sodass es kaum Begegnungsverkehr gibt, der das Befahren des Schutzstreifens durch Kfz erforderlich macht. Wenn der Platz für einen regelkonformen Radfahr- oder Schutzstreifen nicht ausreicht, dann ist Mischverkehr mit überwachtem Tempo 30 die Alternative.

Regelwidriges, weil zu enges Überholen von Radfahrenden durch Autofahrende ist ebenfalls häufig zu beobachten in Straßen, in denen neben einem schmalen Radfahr- oder Schutzstreifen ein schmaler Kfz-Fahrstreifen liegt. Die Folge: Radfahrende fühlen sich bedrängt und unsicher, die Akzeptanz der Radfahr- oder Schutzstreifen sinkt. Eine Kombination von Mindestbreiten muss daher vermieden werden.

Mindestbreiten

Die Breite der Kernfahrbahn zwischen den Radfahr- und Schutzstreifen darf in Straßen mit Zweirichtungsverkehr 4,50 Meter nicht unterschreiten4. Der GDV2 nennt in einer jüngeren Veröffentlichung sogar 5,0 Meter Mindestbreite, da andernfalls eine sichere Begegnung zweier moderner (und breiterer) Pkw grundsätzlich nicht ohne Nutzung der Schutzstreifen möglich sei. Die Schutzstreifen selbst sollten möglichst breit sein. Bei einem breiten Schutzstreifen werden Radfahrende mit größerem Abstand überholt als bei schmalen Schutzstreifen.

Ist die Kernfahrbahn kleiner als 5,50 Meter, darf keine Leitlinie in der Fahrbahnmitte markiert werden5. Ohne Mittellinie halten Autofahrende eher den vorgeschriebenen Überholabstand von mindestens 1,50 Meter zu Radfahrenden innerorts ein. Ergänzend sollte die Polizei verstärkt zum Überholabstand informieren und diesen auch konsequent kontrollieren.

Sichere Übergänge zwischen Radwegen, Streifen und Fahrbahn

Gute Sichtbeziehungen zwischen Autofahrenden und Radfahrenden sind besonders wichtig. Wo der Radverkehr von einem Bordsteinradweg auf einen Radfahrstreifen oder Schutzstreifen abgeleitet wird, sollte das deshalb mindestens 30 m vor einer Kreuzung erfolgen.

Radfahr- oder Schutzstreifen enden häufig an einem baulichen Radweg. Sofern dieser nicht benutzungspflichtig ist, muss mittels einer Weiche die Wahl zwischen Weiterfahrt auf der Fahrbahn und dem baulichen Radweg ermöglicht werden. Am Ende des Streifens sollen dann Fahrradpiktogramme allen Verkehrsteilnehmer*innen signalisieren, dass mit Radfahrenden auf der Fahrbahn im Mischverkehr zu rechnen ist.

Radfahrende müssen Radfahrstreifen ohne weiteres erreichen können. Bis heute vergessen Planer*innen aber stattdessen am Ende von Sackgassen oder von Parkwegen, die zu Fuß oder per Rad genutzt werden können, bei der Grundinstandsetzung von Straßen, diese Wege an die Radfahr- oder Schutzstreifen anzubinden. Dazu braucht es an diesen Stellen einen Bereich, der frei von geparkten Kfz ist und eine Absenkung zur Fahrbahn aufweist.

Intuitiv erfassbare Führungen an Engstellen 

Wenn ein Schutzstreifen oder Radfahrstreifen aufgrund einer Engstelle oder eines Kreisverkehrs unterbrochen wird, sollte das so frühzeitig erfolgen, dass sich Kfz- und Radverkehr gut verflechten können. Fahrradpiktogramme in der Mitte des Fahrstreifens zeigen an, dass der Radverkehr auf dieser Straßenfläche stattfindet. Rad und Auto fahren hintereinander durch die Engstelle.

Am Beginn solcher Engstellen wird der Radverkehr gradlinig weitergeführt und der Kfz-Verkehr muss sich nach rechts einordnen. Ist eine sicher und intuitiv nutzbare Führung des Radverkehrs nicht möglich, muss die Geschwindigkeit des Kfz-Verkehrs auf maximal 30 km/h gesenkt werden.


Fußnoten

Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (Hg.): Hamburger Regelwerke für Planung und Entwurf von Stadtstraßen ReStra, Ausgabe 2017, Fassung 30.06.22, Seite 92

2 Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) (Hg.): Unfallforschung kompakt Nr. 89: Sicherheit und Nutzbarkeit markierter Radverkehrsführungen Berlin, 4/2019, Seite 15 f.)

3 mit der Thematik befassen sich z. B.
- Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) (Hg.): Unfallforschung kommunal Nr. 34: Rechtsgutachten - markierte Radverkehrsanlagen Berlin 8/2019
- Bundesrat, Drucksache 591-19_S75f

4 Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen FGSV (Hg.): Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen RASt 06 Köln,  2006.

5 Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen FGSV (Hg.): Empfehlung für RadverkehrsanlagenERA 2010


Position beschlossen im Bezirksrat des ADFC Hamburg am 14.08.2024, durch den Landesvorstand am 24.09.2024

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