Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Landesverband Hamburg e. V.

Am Diebsteich

Ein negativer Höhepunkt auf der ohnehin höchst fahrradfeindlichen Stresemannstraße. © Dirk Lau

Nichts für schwache Nerven

Wer darf in Hamburg eigentlich Verkehrsschilder aufstellen? Vor dieser und anderen Fragen stehen zurzeit alle diejenigen, die am Diebsteich in Altona die Bahngleise queren müssen.

Wer von Bahrenfeld nach Eimsbüttel oder Altona- Nord möchte, hat nicht viele Möglichkeiten. Ähnlich wie die A 7 bilden die Bahngleise, die vom Bahnhof Altona aus Richtung Norden verlaufen, eine Barriere, die sich nur an wenigen Stellen überwinden lässt. Und Überwindung kostete es bisweilen wirklich, denn gerade die Unterführung auf der Stresemannstraße mit ihrem gefühlt einen Meter breiten, geteilten Gehweg ist für Zufußgehende und Radfahrende gleichermaßen eine höchst anspruchsvolle Nervenprobe. Nur ein schmales Eisengitter trennt sie vom dreistreifigen Autostrom, der Motorenlärm bricht sich an den Tunnelwänden und macht Fahrradklingeln quasi unhörbar. Dazu erfordert die Enge höchste Konzentration von allen Beteiligten.

Keine wirkliche Alternative 

Wer nach Eimsbüttel möchte, kann alternativ auch den minderwertigen Radweg über den Holstenkamp nutzen. Darüber hinaus gab es für alle die, die einen nicht ganz so großen Umweg in Kauf nehmen wollten, bis zum letzten Herbst noch die Möglichkeit über den Plöner Stieg vorbei an der S-Bahnstation Diebsteich. Ob nun legal schiebend oder illegal fahrend sei einmal dahingestellt, denn der Plöner Stieg war allein Fußgänger*innen vorbehalten. Der Grund dafür war, dass die bauliche Situation Konflikte zwischen unachtsamen Zufußgehenden und rücksichtslosen Fahrradfahrenden tatsächlich begünstigte.

Aber die S-Bahnstation Diebsteich gibt es derzeit nicht mehr, da dort kräftig am neuen Fernbahnhof gebaut wird. Den Baumaßnahmen fiel auch der Plöner Stieg zum Opfer.

Zuständigkeitswirrwarr 

Irgendwo hatte man aber erkannt, dass eine Verbindung zwischen Plöner Straße und Großer Bahnstraße vielleicht doch noch sinnvoll sein könnte. Daher wurde entlang der Baustelle auf einer Länge von etwa 500 Metern eine Verbindung geschaffen, was mit erheblichen Mühen verbunden war. Der Weg ist fast drei Meter breit, geteert, verfügt über ein Blindenleitsystem, ist beleuchtet und mit einem hohen und fest im Boden verankerten Zaun von der Baustelle und dem angrenzenden Paketzentrum abgetrennt. Fahrradfahren ist dort allerdings nicht gestattet, denn laut der angebrachten Verkehrszeichen handelt es sich um einen Gehweg. Sicherheitshalber hat man auch noch ein weiteres Verkehrszeichen montiert, das den Radverkehr ausdrücklich verbietet, und sich dabei kurzerhand über die Verwaltungsvorschriften zur Straßenverkehrs- Ordnung (StVO) hinweggesetzt. Danach sind Verkehrszeichen, deren rechtliche Wirkung bereits durch ein anderes vorhandenes oder gleichzeitig angeordnetes Verkehrszeichen erreicht wird, nämlich nicht anzuordnen.

Nachfragen beim Bezirksamt Altona sowie bei der zuständigen unteren Verkehrsbehörde haben ergeben, dass beide Stellen die Situation vor Ort kennen. Letztere bestätigte sogar mündlich, dass nach eigenen Erkenntnissen der Radverkehr auf dem Weg überwiege. Bezirksamt wie auch Verkehrsbehörde berufen sich aber darauf, dass der Weg über das Grundstück der Deutschen Bahn verlaufe und man keine Regelungskompetenz habe. Man sei aber im Gespräch mit der Deutschen Bahn. Wer die Verkehrszeichen angebracht habe, wisse man nicht.

Klares Handeln erforderlich 

Nach dem Entwurf eines Radverkehrskonzepts für den Bezirk Altona soll die Verbindung einmal Teil einer weiteren Veloroute sein. Bis dieser Entwurf aber Realität wird, kann noch viel Zeit vergehen. Zeit, in der sich sicherlich klären lässt, wer auf Hamburgs Straßen und Wegen eigentlich Verkehrszeichen anbringen darf.

Für die Bezirksgruppe Altona des ADFC Hamburg steht jedoch jetzt schon fest, dass diese Art staatlicher Schilderstreiche dem Radverkehr in der selbsternannten Fahrradstadt Hamburg keinen Dienst erweist und die Belange von Fahrradfahrenden mal wieder nicht mitbedacht wurden. Es wäre sehr zu begrüßen, wenn statt behördentypischer Gespräche über Zuständigkeiten endlich gehandelt und eine pragmatische Lösung gefunden würde, die Zufußgehenden und Fahrradfahrenden eine gleichberechtigte Benutzung des Weges ermöglicht. Die jetzige Situation trägt nur dazu bei, beide Gruppen gegeneinander auszuspielen, während gleichzeitig dem motorisierten Indiviualverkehr in dieser Stadt nur mit äußerster Vorsicht und Zurückhaltung längst überfällige Grenzen gesetzt werden.

Für die BG Altona: Ulrich Glaser


Dieser Artikel stammt aus der RadCity 02/2023.

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