Die aktuelle Situation in Volksdorf, Claus-Ferck-Straße

Die aktuelle Situation in der Claus-Ferck-Straße © Wolfgang Thoss

Projekt „Flaniermeile Volksdorf"

Wie schwer es ist, einen Ortskern für die Menschen attraktiver zu machen.

Der Ortskern Volksdorf ist geprägt durch kleine Geschäfte und Gastronomie. Hier kaufen Menschen ein, begegnen sich, legen eine Kaffeepause ein. Diese entspannte Atmosphäre wird seit langem durch überquellenden Autoverkehr stark beeinträchtigt. Ganztägig "flanieren" Autofahrer*innen auf der Suche nach einem Parkplatz oder einer Abkürzung durch die engen Straßen.

Das Projekt

Nachdem bereits mehrfach Versuche unternommen worden waren, diese Situation zu ändern, wurde im April 2020 vom Hauptausschuss der Bezirksversammlung Wandsbek ein Versuchsprojekt beschlossen: Über einen Zeitraum von zwei Monaten sollte getestet werden, welche Auswirkungen ein „autoarmer Ortskern“ Volksdorf auf die Aufenthaltsqualität sowie die Stärkung der dort ansässigen Unternehmen haben würde. Geplant wurde die Maßnahme für den Straßenzug Im Alten Dorfe –  Claus-Ferck-Straße von Dorfwinkel bis Uppenhof. Das Büro „Tollerort“ wurde beauftragt, eine Verkehrsanalyse durchzuführen und unter Bürgerbeteiligung ein Projekt zu konzipieren. Nach Pandemie-bedingter Verschiebung sollte das abschließende Konzept im November 2021 kommuniziert werden.

 

Die Haltung der Bezirksgruppe Wandsbek

Wir als ADFC-Bezirksgruppe Wandsbek befürworten die oben skizzierte Zielsetzung und haben von den ersten Bürger*innenbeteiligungen bis zur letzten Ausschusssitzung entsprechend Stellung bezogen.

Wir halten es für richtig, im Ortskern von Volksdorf die Aufenthaltsqualität zu steigern, das Unfallrisiko zu senken und das subjektive Sicherheitsempfinden zu erhöhen. Dafür muss Platz geschaffen werden. Darum ist der Ansatz, das Parken am Straßenrand zu untersagen, richtig. Die Durchfahrt sollte auf Lieferverkehr und Arztbesuche durch Gehbehinderte sowie die Nutzer*innen privater Parkplätze beschränkt werden.

Der durch die weggefallenen Parkstände gewonnene Raum sollte Möglichkeiten für Geschäftstreibende und Gastronomie schaffen und Gelegenheit für Begegnungen, zum Verweilen und entspannten „Flanieren“ bieten.

Hindernisse

Nach allem, was bisher in den Veranstaltungen sowie Ausschüssen der Bezirksversammlung zu dem noch nicht publizierten Konzept bekannt wurde, sehen wir allerdings zwei große Hemmnisse für ein Gelingen:

  • Der Kraftfahrzeug-Durchgangsverkehr soll während des Projektzeitraums weiterhin erlaubt sein. Wir halten das für falsch, hoffen aber, dass der weitgehende Entfall der Parkmöglichkeiten in dem Straßenzug zu einer erheblichen Reduzierung des motorisierten Verkehrs führt.
  • Eine erhebliche Zahl der Geschäftsleute lehnt das Projekt ab. Sie befürchten Umsatzeinbußen. Dabei gibt es selbst in der näheren Umgebung etliche Beispiele für erfolgreiche, autofreie, kleine und große Einkaufs- und Aufenthaltszentren.

Der aktuelle Stand

Der für November geplante Info-Termin wurde ohne Angabe genauer Gründe kurzfristig verschoben.

Das ist nur ein Beispiel dafür, wie mühsam es im Bezirk Wandsbek weiterhin ist, selbst in kleinen Schritten (ein Versuchsprojekt über zwei Monate) neue Wege zu gehen, wie schleppend sich die Entwicklung von einer autozentrierten Stadtplanung in Richtung lebenswerte Stadt, gerade in lokaler, kleinräumiger Umgebung, vollzieht.

Die Chance sehen

Wir wünschen uns daher, dass das Projekt nicht kontinuierlich schlecht geredet wird. Vielmehr sollten alle die Chance sehen, die in diesem Projekt steckt, und positiv daran mitwirken und Werbung dafür machen, sich das alles im Projektzeitraum auch mal live anzusehen.

Update, 20. Januar 2023

Das Projekt „Flaniermeile Volksdorf“ ist mittlerweile abgeschlossen.

Das Ergebnis der Befragungen und der Verkehrsauswertung liegt vor. Eine knappe Mehrheit der Nutzenden und eine klare Mehrheit der Geschäftsleute hat das Projekt insgesamt negativ bewertet. Als positiv wurden die veränderte Ausstattung (Sandkasten für Kinder, Blumenkästen, Sitzgelegenheiten) bewertet; das negative Ergebnis zur Verkehrsbefragung wurde offensichtlich vor allem durch das Fehlen von Parkständen für den Autoverkehr bestimmt. Die Bewertung seitens des Rad- sowie des Fußverkehrs war dagegen deutlich positiver („weniger Nutzungskonflikte“; "entspannter und sicherer“ als vorher). Aus den Antworten wird auch klar, dass die Befragten sehr polarisiert antworten: klare Ablehnung oder klare Zustimmung. In der sehr gut besuchten öffentlichen Präsentation der Ergebnisse im Dezember 2022 wurde in den Redebeiträgen zwar an der Durchführung des Projekts Kritik geäußert, aber sehr häufig die Meinung geäußert: „so wie vorher wollen wir es auch nicht wieder haben“.

Trotz Ablehnung der konkreten Ausgestaltung des Flaniermeile-Konzepts gibt es offensichtlich einen Wunsch nach Veränderung im Ortskern Volksdorf; dafür wären allerdings angesichts der Polarisierung der Bürger*innen phantasievolle Ideen für ein geeigneteres Konzept sowie eine klarere Unterstützung durch die Politik in Wandsbek erforderlich.

Wolfgang Thoss

alle Themen anzeigen

Verwandte Themen

Ein Radweg wird vor der Kreuzung zu einem Radfahrstreifen. Die Fahrbahnampel zeigt grün.

Welche Ampel gilt für den Radverkehr

Nach welchem Ampelsignal muss sich eine Radfahrer*in richten? Dabei gibt es einiges zu beachten.

Zwangsradweg Habichtstraße

Stummelradweg statt Ampelschaltung

An der Steilshooper Straße nördlich und südlich der Habichtstraße wurde die Radwegebenutzungspflicht 2008 bzw. 2010…

Leeschenblick in Wandsbek

Neues aus den Bezirken: Wandsbek

Nicht erst seit der Bürgerschaftswahl im letzten Jahr ist die Verkehrssituation auf Hamburgs Straßen und Radwegen in…

Schwalbenstrasse 2024

Fahrradparken statt Falschparken in Barmbek-Nord

In der Schwalbenstraße gibt es statt Falschparker jetzt Fahrradbügel!

Unterführung am U-Bahnhof Oldenfelde, links Fahrradbügel, rechts Fahrradboxen, mittig eine breite Rampe mit zwei Personen zu Fuß.

ADFC-Position: Gleisunterführungen und Rampen für den Radverkehr

Bauwerke des Schienenverkehrs stellen mit Dämmen und fehlenden Querungsmöglichkeiten Barrieren dar.

Veloroute 4 zwischen Laukamp und Fibigerstraße

Tempo 30 verweigert – Veloroute 4 auf dem Gehweg?

In Langenhorn verläuft die Veloroute 4 auf einer Strecke von 290 Metern über Hohe Liedt und Neubergerweg. Was dort eine…

Sichere Mobilität für Kinder muss Realität werden

Kidical Mass Mai 2024 - trotz Regen wurde für sichere Schulwege demonstriert!

Der ADFC Hamburg, Parents for Future Hamburg und der VCD Nord haben auch in diesem Frühjahr wieder gemeinsam zur…

Fahrradbrücke

Blick über den Tellerrand

Wie sieht es im Rest von Deutschland aus... Ist die Verkehrswende dort schon weiter fortgeschritten oder steht Hamburg…

Satzung des ADFC Hamburg e.V.

Der Gesetzgeber schreibt vor, dass jeder Verein eine Satzung haben muss. Sie beinhaltet die Grundregeln, nach denen ein…

https://hamburg.adfc.de/artikel/projekt-flaniermeile-volksdorf

Bleiben Sie in Kontakt