Moderne Verkehrsführung - der breiteste Radfahrstreifen Hamburgs am Ballindamm.

Moderne Verkehrsführung: der breiteste Radfahrstreifen Hamburgs am Ballindamm. © Marco Silla, ADFC Hamburg

Neues aus den Bezirken: Hamburg-Mitte

 

Nicht erst seit der Bürgerschaftswahl im letzten Jahr ist die Verkehrssituation auf Hamburgs Straßen und Radwegen in aller Munde. Was hat sich seither in den Bezirken aus Sicht der Radfahrenden verändert, verbessert, verschlechtert? Heute: HH-Mitte.

 

"Autofreie Innenstadt" war ein großes Thema bei der Bürgerschaftswahl im letzten Jahr und stand im Wahlprogramm der jetzt regierenden Parteien. Folgerichtig wurden vor einem halben Jahr testweise die Rahmenbedingungen für einen zwar nicht autofreien, aber autoarmen Jungfernstieg geschaffen. Der private Autoverkehr wurde komplett verbannt. Momentan nutzen Radfahrende die Fahrbahn im Mischverkehr nur noch mit Bussen, Taxen und dem Lieferverkehr. Bis Ende Mai hatte die Bevölkerung die Möglichkeit, im Internet unter sich am Beteiligungsverfahren Jungfernstieg mit eigenen Vorstellungen einzubringen, wie der Jungfernstieg letztendlich einmal aussehen soll. Dazu entwickelt auch eine Projektgruppe des ADFC gerade eine eigene Idee, die der Behörde vorgestellt werden soll. Der Umbau soll 2023 erfolgen.

Prestigeobjekt Ballindamm

Von der fahrradfreundlichen Politik profitieren auch die Radfahrenden am Ballindamm, die auf den Velorouten 5 und 6 in Richtung Außenalster unterwegs sind. Die zunächst geplante überbreite Kraftfahrzeugspur, die Platz für zwei nebeneinander fahrende Autos geboten hätte, wurde auf Normalbreite zurückgeschrumpft und ermöglichte dadurch den mit bis zu 4,75 Metern breitesten Radfahrstreifen in Hamburg. Ein kleines Stück stadtauswärts jedoch, auf der Nebenfahrbahn "An der Alster", sieht es ab dem Hotel Atlantik schon wieder anders aus. Neben den parkenden Autos bleibt so wenig Platz auf der Fahrbahn, dass Radfahrende von nachfolgenden Kraftfahrzeugen nicht gefahrlos überholt werden können. Trotzdem geschieht genau das regelmäßig. Da es sich um eine Veloroute handelt, schlagen wir die Einrichtung einer Fahrradstraße vor. Dann wäre unter anderem auch Tempo 30 automatisch vorgegeben. Zusätzlich sollte die Fahrbahn durch geeignete Maßnahmen etwas verengt werden, um keinen „Überholzwang“ bei Autofahrer*innen auszulösen. Aus unserer Sicht ließe sich die Sicherheit der Radfahrenden und die Attraktivität der Strecke mit geringem finanziellen Aufwand deutlich verbessern.

Neue Prioritäten?

Zurzeit ist die Mönckebergstraße für Kraftfahrzeuge und den Radverkehr wegen Bauarbeiten gesperrt. Bei der Umleitung über die parallel verlaufende Steinstraße wurde der Platzbedarf für den Busverkehr und für geschützte Radfahrstreifen in beide Fahrtrichtungen bevorzugt berücksichtigt, sodass der restliche Platz nur noch für eine Kraftfahrzeugspur ausreichte. Diese Priorisierung ist ein Novum. Es bleibt zu hoffen, dass der Radverkehr auch nach Öffnung der Mönckebergstraße weiterhin eine gute Fahrradinfrastruktur an der Steinstraße vorfinden wird.

 

 

Ärgerlich und umständlich

Ein großes Ärgernis in der Innenstadt bleibt weiterhin die Führung der Veloroute 4 auf dem Neuen Jungfernstieg in Richtung Norden. Nach der Querung des Ring 1 gelangt man nämlich in der Bahnunterführung auf einen sehr schmalen Gehweg, der für Radfahrende gar nicht freigegeben ist. Sie werden stattdessen über zwei ungünstig geschaltete Ampeln nach links auf einen zu schmalen Zweirichtungsradweg auf der linken Seite der daneben liegenden Unterführung umgeleitet. Danach geht es dann erneut mit Wartezeiten über zwei Ampeln zurück auf die rechte Seite. Liest sich das kompliziert und umständlich? Eben! Das ist es auch! Eine erste Planung bot für diese Probleme keine wirkliche Lösung und wurde nach heftiger Kritik glücklicherweise wieder verworfen. Wir schlagen vor, dass dem Kfz-Verkehr weniger Optionen angeboten werden, um den frei werdenden Platz für eine sichere und direkte Führung der Veloroute 4 zu nutzen. Leider wird ein grundsätzlicher Umbau noch einige Jahre auf sich warten lassen, denn die Unterführung wird als Ausweichmöglichkeit für den Kraftfahrzeugverkehr benötigt, wenn demnächst weiter westlich die Bahnbrücke am Ferdinandstor neu gebaut wird. Trotzdem fordern wir für die Zwischenzeit eine sinnvolle, temporäre Lösung für das Problem auf der wichtigen Veloroute 4.

Verkehrsversuch macht klug!

Nur wenige Meter weiter, am westlichen Ende der Kennedybrücke in Richtung Alsterglacis, wurde am 17. April 2021 eine Aktion einer ADFC-Projektgruppe durchgeführt, die in der Vergangenheit bereits mehrere Pop-Up-Aktionen initiiert hat. Unter dem Motto "Verkehrsversuch macht klug" wurde darauf aufmerksam gemacht, wie benachteiligend die Ampeln stadtauswärts für Radfahrende geschaltet sind. An diesem Tag machte die Sperrung einer wenig befahrenen Seitenstraße alle Ampeln für den Radverkehr überflüssig und beglückte viele, die bei dem schönen Wetter mit dem Rad unterwegs waren. Ein solcher Automobil-Filter (im Fachjargon Modal-Filter) zeigt, wie es funktionieren kann: Kraftfahrzeuge gelangen nur noch über wenige Zufahrten in die Wohn- und Arbeitsgebiete und werden stattdessen weitestgehend auf die größeren Durchgangsstraßen verbannt. Der verbesserte Verkehrsfluss sowie die größere Verkehrssicherheit kommen allen Verkehrsteilnehmern zugute und die Wohngebiete profitieren zudem von mehr Ruhe. Hoffentlich hat unser Verkehrsversuch die Verantwortlichen wirklich klug gemacht.

Wer sehen möchte, wie das Ganze abgelaufen ist und wie viel Spaß nicht nur die Radler*innen, sondern auch die beteiligten Helfer*innen dabei hatten, kann sich auf dem YouTube-Kanal des ADFC Hamburg ein sehr schönes Video dazu anschauen.

Video: Eindrücke der Pop-Up-Aktion

 

Da geht noch mehr

Was alles geht, sofern der politische Wille vorhanden ist, lässt sich auch auf der Jungiusstraße vom Ring 1 kommend in Richtung Messehallen beobachten. Bislang war dies eine dreispurige Einbahnstraße mit einem schmalen, maroden Radweg. In Gegenrichtung wurde Radfahrenden überhaupt nichts angeboten. Jetzt aber muss der Kraftfahrzeugverkehr mit einer Spur auskommen, während den Radfahrer*innen in beide Richtungen je ein breiter, gelb markierter Streifen zur Verfügung steht. Ein echter Gewinn.

In der Hafencity ist die neue Pop-Up-Bikelane auf der Straße Brooktorkai/Am Sandtorkai in Richtung Elbphilharmonie zu begrüßen. Durch die Umwidmung einer der beiden Kraftfahrzeugspuren zugunsten eines breiten Radfahrstreifens wird hier erstmals eine sichere und komfortable Infrastruktur für Radfahrende angeboten.

Dieser Artikel stammt aus der RadCity 02/2021

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    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.

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